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19.09.2013

Zum Mordfall Mehmet Kubaşik

Nachdem die Befangenheitsgesuche der Angeklagten alle als unbegründet zurückgewiesen wurden, ging der Vorsitzende am Donnerstag gleich wieder zur Tagesordnung über. Das Gericht befasste sich mit dem Mord an Mehmet Kubaşik am 4. April 2006. Diverse Polizeibeamte sagten als Zeugen aus. Die Witwe und zwei der Kinder des Ermordeten, die sich dem Prozess als NebenklägerInnen angeschlossen haben, verfolgten das Geschehen im Gerichtssaal.

Eine vertiefte Befragung dieser Zeugen gestaltete sich aber schwierig, weil eine zentrale Zeugin, die kurz vor der Tat zwei Männer, „Junkies oder Nazis“, gesehen haben will, für gestern geladen war und ihre Aussage daher ausgefallen war. Fragen an die Polizeibeamten, die den Umgang mit dieser Zeugin und ihrer Aussage betreffen, konnten daher heute nicht gestellt werden. Einige der Beamten werden noch einmal geladen werden müssen, die Nebenklage Kubaşik hat angekündigt, dass dann einige Fragen an die Beamten zu stellen sein werden.

Die Nebenklage Yozgat stellte einen Beweisantrag zum Mordfall Kubaşik: eine Zeugin habe wenige Tage vor der Tat Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gesehen, denen von einem bulligen Skinhead etwas an einem Grundstück gezeigt wurde. Wenn sich diese Aussage vor Gericht bestätigt, dann ist diese Zeugin für den weiteren Prozessverlauf ganz zentral: zum einen zeigt ihre Aussage dann sehr deutlich, was NebenklägervertreterInnen und antifaschistische Gruppen schon lange vermuten, nämlich dass „die Drei“ bei ihren Taten auf Unterstützer aus den jeweiligen lokalen Naziszenen zurückgreifen konnten. Zum anderen zeigt die Aussage dann, dass Zschäpe persönlich an einem Tatort war, was ihre gleichberechtige Rolle innerhalb der NSU bekräftigt.

Bei der Befragung der Polizeibeamten zeigte sich auch ein erheblicher Wandel im Vorgehen des Vorsitzenden, der sich deutlich empathischer mit den Angehörigen zeigte, als dies noch am Anfang des Prozesses der Fall war.

Daneben sagten am Donnerstag zwei weitere NachbarInnen des NSU aus der Zwickauer Frühlingsstraße aus. Auch diese hatten direkt nach dem Beginn des Brandes am 4.11.2011 Beate Zschäpe gesehen, die aus der Richtung des brennenden Gebäudes kam und weglief.

Für eine Überraschung sorgte am Ende der Verhandlung Carsten Schultze: Er kündigte an, nun doch Fragen der Verteidigung Wohlleben beantworten zu wollen. Einen Termin für diese Befragung muss das Gericht noch festlegen. Von Holger Gerlach kam bisher noch keine Rückmeldung dazu, ob er nun doch bereit ist, Fragen zu beantworten – sein Verteidiger hatte dies kurz vor der Sommerpause als Möglichkeit in den Raum gestellt.