Archiv für den Monat: September 2016

29.09.2016

Zschäpe spricht – sagt aber nichts Neues. Und: Das Gericht verweigert weiter jede Aufklärung

Heute wurden zunächst die Antworten der Verteidigung Zschäpe auf die letzten Fragen des Gerichts verlesen. Wiederum keine Glanzleistung der Verteidiger Grasel und Borchert: so wurden einmal wieder Erlebnisse nachgeschoben, die Zschäpe bisher nicht einmal am Rande erwähnt hatte, die aber, wären sie wahr, sicher sehr eindrücklich gewesen wären (in diesem Fall eine Schlägerei zwischen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die Zschäpe dann aber auch „nicht näher beschreiben möchte“) und offensichtliche Widersprüchlichkeiten damit erklärt, es habe sich ja nur um „Vermutungen“ ihrerseits gehandelt (in diesem Fall ihre Angaben, Mundlos habe die Morde fotografiert, sie selbst habe aber von den Morden nichts Näheres gewusst).

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22.09.2016

Zur angeblichen Alkoholisierung Zschäpes am 4.11.2011 und: Beweisaufnahme doch nicht am Ende

Heute erstattete der medizinische Sachverständige sein Gutachten zur Alkoholisierung der Angeklagten Zschäpe am 4.11.2011 bei Inbrandsetzung des Hauses in der Frühlingsstraße. Der Gutachter legte die von Zschäpe berichteten Trinkmengen zu Gute – die schon kaum glaubhaft und offensichtlich in der Hoffnung auf eine mögliche Bescheinigung eingeschränkter Steuerungsfähigkeit berichtet sind. Auf Grundlage dieser Angaben kam er zu einer theoretisch denkbaren sehr hohen Alkoholisierung. Gleichzeitig hatte Zschäpe aber angegeben, sie habe keine Ausfallerscheinungen verspürt, und auch die Aussagen der ZeugInnen, die Zschäpe vor dem Haus getroffen hatten, hatten dies bestätigt. Weiterlesen

21.09.2016

Viele Themen und wenig Greifbares

Zunächst wurde heute ein Polizeibeamter vernommen, der eine Auswertung von Funkzellendaten des Smartphones von André Eminger am 4.11.2011 in Zwickau vorgenommen hatte. Demnach war von 09:41 Uhr bis 10:37 Uhr das Handy von Eminger in zwei Funkzellen eingebucht, die die Frühlingsstraße 26 versorgen. Mehr erbrachte die Auswertung nicht. Auffällig ist allerdings, worauf die Nebenklage hinwies, dass Zschäpe um 10.34 begann im Internet zu surfen, also kurz nachdem Eminger den Funkzellenbereich verlassen hatte. Dies
spricht für eine Anwesenheit Emingers am Morgen des 04.11. bei Zschäpe. Die Frage, warum diese relevanten Ermittlungen erste im September 2016 erfolgt sein, konnte der Beamte nicht beantworten.

Es folgte eine längere Stellungnahme der Altverteidiger Zschäpes, die der Auffassung sind, der Brief Beate Zschäpes an den Dortmunder Neonazi (vgl. Bericht vom 14.09.2016dürfte nicht verlesen werden, weil er rechtswidrig zur Akte gelangt sei. Dieser Stellungnahme schloss sich nicht nur Wohlleben-Verteidiger Klemke, sondern auch Zschäpes Vertrauensanwalt Grasel an – der Streit unter den Zschäpe-Anwälten scheint sich also wirklich zu legen.

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20.09.2016

Ein weiterer Zeuge mit Erinnerungsproblemen, erneut zu den Wahrnehmungsproblemen des VS-Mannes Temme, und Fragen des Gerichts an Zschäpe

Heute wurde ein weiterer Zeuge gehört zu einem Angriff mehrerer Jenaer Neonazis auf zwei Personen Ende der 1990er Jahre, den der Angeklagte Schultze geschildert hatte (vgl. die Berichte vom 21.07.2016 und 01.09.2016). Auch dieser Zeuge konnte sich an den Angriff nicht erinnern, wollte ihn aber auch nicht ausschließen – es habe damals so viele Schlägereien gegeben, an denen er und sein Umfeld beteiligt waren, außerdem habe er damals viel Alkohol getrunken. Damit sind die Angaben Schultzes erneut weder eindeutig bestätigt noch widerlegt, das Ziel der Verteidigung Wohlleben, Schultze als unglaubwürdig darzustellen, also erneut verfehlt. Weiterlesen

14.09.2016

Zschäpe verweigert Antworten auf die Fragen der Nebenklage, und: hektischer Aktivismus der Verteidigung zu einem Brief Zschäpes

Heute Vormittag wurde zunächst erneut der ehemalige Chef von Blood and Honour Thüringen und V-Mann des Verfassungsschutzes, Marcel Degner, vernommen (vgl. zuletzt den Beitrag vom 20.07.2016). Erneut ging es nur um die Frage, ob er V-Mann war, was er vehement verneint, trotz eindeutiger Identifizierung durch die ehemaligen V-Mann-Führer. Nachdem sein letzter Zeugenbeistand entpflichtet worden war, erschien Degner heute mit neuem Beistand – und blieb bei seiner Strategie, hartnäckig und sinnlos zu leugnen. Damit waren auch mögliche Fragen der Nebenklage zu seiner V-Mann-Tätigkeit und seinen Berichten sinnlos geworden, Degner konnte recht bald wieder nach Hause fahren – und sich auf die Fortführung des Verfahrens wegen Falschaussage vorbereiten, das nur im Hinblick auf seine erneute Ladung in München vorläufig auf Eis gelegt worden war. Weiterlesen

13.09.2016

Mal wieder keine Erinnerung und: Stellungnahme der Verteidigung Zschäpe zu Fragen der Nebenklage angekündigt

Heute wurde zunächst die Vernehmung des Zeugen fortgesetzt, der Anfang der 2000er als Herausgeber eines Nazi-Fanzines vom NSU einen Brief mit einer Geldspende erhalten hatte (zu seiner ersten Vernehmung vgl. den Bericht vom 26.07.2016). Seine weitere Befragung ergab allerdings wenig Neues, der Zeuge gab weiter vor, sich an nichts mehr zu erinnern, insbesondere nicht an ideologische Inhalte seines Heftes, die den NSU zu dieser Spende veranlasst hat.

Nebenklägervertreter Rechtsanwalt Reinicke stellte einen Beweisantrag zu dem Benzinkanister, mit dessen Inhalt Zschäpe das Haus in der Frühlingsstraße angezündet hatte. Mit dem Antrag sollen erneut die Angaben von Beate Zschäpe widerlegt werden, diesmal die Behauptung, das Benzin sei eigentlich für einen Außenbordmotor gedacht gewesen. Weiterlesen

01.09.2016

Zu den Ermittlungsmethoden des BKA; und erneut zu einem Angriff im Jahr 1998/1999

Heute gab zunächst ein BKA-Beamter erneut einen Einblick in die Ermittlungsmethoden des BKA, die wahrlich nicht von besonderem Ermittlungseifer zeugen: Der Angeklagte Carsten Schultze hatte in der Hauptverhandlung von einem Gespräch mit Wohlleben berichtet, in dem dieser wiederum ein Telefonat mit Mundlos und Böhnhardt geschildert hatte: die hätten jemanden angeschossen. Das BKA wurde beauftragt, zu ermitteln, schließlich stand eine weitere, bisher unbekannte Straftat des NSU im Raum.

Der BKA-Beamte fragte bei den Landeskriminalämtern an und fasste deren Antworten zusammen, damit war die Aufgabe für ihn erledigt. Dabei hatten die Landesämter die Frage schon vollkommen unterschiedlich verstanden – Baden-Württemberg berichtete u.a. von zahlreichen Raubtaten, Berlin nur von vollendeten Morden, Sachsen-Anhalt von Verletzungen durch Luftgewehre. Nachfragen stellte der Beamte nicht, eigene Ermittlungen – etwa anhand von Pressearchiven – stellte er nicht an. Weiterlesen