Zeugin bleibt dabei: Zschäpe, Mundlos und Böhnhard waren 2006 in Dortmund
Sehr kurzfristig wurde am heutigen Verhandlungstag eine Zeugin gehört, die sich diesen Sommer bei einem Nebenklägervertreter gemeldet hatte. Die Zeugin gab an, im März/April 2006 habe sie Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt gemeinsam mit einem bulligen Skinheads auf dem Nachbargrundstück neben ihrem Wohnhaus in Dortmund gesehen. Auf diesem Grundstück habe es auch erhebliche Grabungsarbeiten gegeben. Sie habe Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in der Presseberichterstattung nach Bekanntwerden des NSU wiedererkannt.
Sie habe sich nicht gleich an die Polizei gewandt, weil sie zunächst nicht gedacht habe, dass es auf ihr Wissen ankäme. Auf Nachfrage gab sie allerdings auch an, sie habe Angst gehabt, nach einer Anzeige unter Umständen von Nazis unter Druck zu kommen.
Verschiedene Medien, die offensichtlich vor dem Termin schon erhebliche Teile der Vernehmungsprotokolle kannten, haben spekuliert, dass hier eine Verwechslung vorliege. Der Hausmeister des Nachbarhauses hatte angegeben, er habe sich in dieser Zeit mit Freunden und seiner Frau auf dem Grundstück aufgehalten und auch gearbeitet. Dabei könne es zu einer Verwechslung gekommen sein, seine Freundin sehe aus wie Beate Zschäpe. Er habe damals einen Teich gebaut, den er bald später wieder zugeschüttet habe.
Natürlich ist die Bewertung einer Zeugenaussage, sieben Jahre nach einer Beobachtung, zu einer Identifikation nach der Berichterstattung zu den Taten des NSU besonders schwierig. Alleine auf eine solche Identifikation könnte eine Verurteilung sicher nicht gestützt werden. Andererseits hat die Zeugin heute mit großer Konstanz ihre Aussage bei der Bundesanwaltschaft wiederholt. Sie hat plausibel und anschaulich und mit großer Selbstkritik ihre Wahrnehmungen geschildert.
Sie hat auch dargestellt, dass unter Umständen im hinteren Bereich des Gartens tatsächlich ein Teich gebaut wurde. Allerdings gab sie an, es sei ihr komisch vorgekommen, dass jedenfalls ein Teil der Arbeiten nachts durchgeführt wurde. Die Zeugin gab auch an, die Gruppe um Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt insgesamt 3-5 Minuten beobachtet zu haben, davon den größten Teil den Zeit mittels eines Fernglases.
Eine solche Zeugin wäre – trotz der langen Zeit seit ihrer Wahrnehmung – in jedem Landgerichtsverfahren der Traum eines Vorsitzenden und der Albtraum eines Verteidigers.
Die Bedeutung der Aussage der Zeugin wird erst dann endgültig zu bewerten sein, wenn die anderen in diesem Zusammenhang aufgetauchten Personen, so u.a. der Hausmeister, dessen Freundin und der Ehemann der Zeugin, ausgesagt haben. Diese Vernehmungen sind für die nächste Woche vorgesehen. Auf jeden Fall werden nach dieser Zeugenaussage weitere Ermittlungen, insbesondere in die Dortmunder Naziszene, durchgeführt werden müssen.
Daneben wurden heute noch zwei Kassler Polizeibeamte gehört, die anhand von Lichtbildern zum Tatort des Mordes an Halit Yozgat und zur Auffindesituation des Ermordeten berichteten, außerdem zu den ersten Ermittlungen zum Aufenthalt des Verfassungsschutzmitarbeiters und V-Mann-Führers Temme am Tatort. Die Zeugenaussage des Vaters von Halit Yozgat wurde auf morgen verschoben.