Archiv für den Monat: Februar 2016

25.02.2016

Wohlleben bleibt (natürlich) in Haft. Und: Termine bis Januar 2017

Heute sollten ZeugInnen zu zwei Überfällen des NSU auf Postfilialen in Chemnitz im Oktober 1999 gehört worden.

Zunächst jedoch wurde die Hauptverhandlung auf Antrag der Verteidigung Wohlleben unterbrochen. Gestern hatte das Gericht beschlossen, dass Wohlleben weiter in Haft bleibt: es sieht – auch nach seiner Aussage – weiter einen dringenden Tatverdacht, da seine Beteuerungen, er habe nicht gewusst, was Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe mit der von ihm und Schultze besorgten Waffe machen würden, nicht glaubhaft sind. Eine sorgfältig begründete Entscheidung, die natürlich auch aussagt, dass Wohlleben mit einer Verurteilung zu rechnen hat – was Grund für die Verteidigung ist, erneut alle Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Weiterlesen

24.02.2016

Zum Waffenarsenal des NSU

Wie zu erwarten war, wurde der Befangenheitsantrag der Verteidigung von letzter Woche abgelehnt, weil sich aus einer „weniger geglückten Formulierung“ in dem Beweisbeschluss vom Donnerstag keine Befangenheit ableiten lässt.

Das Gericht hörte heute einen weiteren Waffensachverständigen vom BKA. Er führte die diversen aufgefundenen Waffen – zwei Maschinenpistolen, zwei Pumpguns, über ein Dutzend Pistolen und Revolver – vor und erläuterte jeweils deren Funktion.

Schließlich lehnte das Gericht weitere Beweisanträge der Nebenklage ab. So etwa den Antrag zu den Videos „Kriegsberichter“ der internationalen „Blood & Honour“-Bewegung mit Aufrufen zu Mordtaten (vgl. den Bericht vom 22.10.2015) – die unter Beweis gestellten Inhalte der Videos, die in der damaligen Neonazi-Szene weit verbreitet waren und auch in Jena geschaut wurden, seien für das Urteil des Gerichts ohne Bedeutung, so das Gericht. Weiterlesen

23.02.2016

Zu den Banküberfällen und zur Mordwaffe Ceska

Heute ging es zunächst weiter um den Banküberfall auf eine Zwickauer Sparkasse im Oktober 2006. U.a. berichteten die ÄrztInnen, die den angeschossenen Auszubildenden operiert hatten, von seinen erheblichen Verletzungen, die zu erheblichen internen Blutungen und letztlich zur notfallmäßigen Entfernung der Milz führten. Nur durch Glück wurde eine Verletzung des Darmes vermieden. Der Sachverständige Dr. Peschel stufte die Verletzung als potentiell lebensgefährlich ein, Komplikationen wegen des Fehlens der Milz sind auch für die Zukunft noch zu befürchten. Weiterlesen

18.02.2016

Fortsetzung der Beweisaufnahme zu den Raubüberfällen

Heute sollten weitere Zeuginnen und Zeugen zum Raubüberfall im Oktober 2006 gehört werden. Bevor es dazu kam, wurde die Hauptverhandlung allerdings für längere Zeit unterbrochen, weil die Verteidigung Wohlleben alle RichterInnen wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnte. Die Ablehnung reiht sich ein in die Reihe der offensichtlich unbegründeten Anträge der Verteidigung: irgendwo ganz am Ende eines Beschlusses zu den Beweisanträgen der Nebenklage hatte das Gericht versehentlich statt von den „den Angeklagten vorgeworfenen Straftaten“ von „den Straftaten der Angeklagten“ gesprochen – eine unglückliche Formulierung, aber offensichtlich keine Festlegung darauf, die Angeklagten schuldig zu befinden. Weiterlesen

17.02.2016

Weitere Beweisaufnahme zu den Raubüberfällen des NSU

Heute begann das Gericht mit der Beweisaufnahme zum Raubüberfall auf eine Sparkasse in Chemnitz im Oktober 2006. Im Gegensatz zu den übrigen Überfällen wurde dieser nur von einem Täter, der Anklage nach Uwe Böhnhardt, begangen. Dieser trat, wie auch bei den anderen Überfällen, sehr brutal auf, schlug mit einem Tischventilator auf eine Angestellte ein und schoss einem Auszubildenden, der ihn an der Tat hindern wollte, in den Bauch.

Der erste Zeuge war der damalige Auszubildende, der sehr sachlich vom Tatablauf und den Folgen für ihn berichtete: Er litt noch lange danach an den körperlichen und psychischen Folgen der Tat, konnte daher seine Ausbildung in der Sparkasse nicht fortsetzen und begann nach langer Krankschreibung eine Umschulung. Aber auch in seinem neuen Beruf kann er wegen der körperlichen Verletzungsfolgen nur sehr eingeschränkt arbeiten. Weiterlesen

16.02.2016

Zum kriminellen Umfeld der Jenaer Naziszene – „Die Bewaffnung hatte nur ein Ziel: Die vorrückenden Ausländerbanden aufhalten“

Heute war nur ein Zeuge geladen, der 1992 bis 2000 Mitglied einer organisierten Kriminellengruppe in Jena war – nach eigener Aussage „eine der führenden Banden in Thüringen“, aktiv in Drogenhandel, Waffenhandel, Prostitution. Es steht im Raum, dass diese Gruppe Kontakte zum einen zu Böhnhardt, Mundlos, Wohlleben und Schultze hatten, andererseits zu Enrico Theile und Hans Ulrich Müller, die laut Anklage Teil der Lieferkette der vom NSU verwendeten Ceska-Pistole waren. Der Vorsitzende hat daher mehrere Mitglieder dieser Gruppierung vorgeladen, um einerseits mehr über den Lieferweg von Waffen aus der Schweiz zu erfahren und andererseits auszuschließen, dass diese Gruppe über weitere Lieferwege für ähnliche Waffen verfügte. Weiterlesen

04.02.2016

Ausnahmsweise kein Befangenheitsgesuch der Verteidigung

Auch heute wurde die Hauptverhandlung gleich nach Beginn für 2 Stunden unterbrochen, da die Verteidigung Wohlleben Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden und eine Beisitzerin vorbereiten wollte. Offensichtlich dämmerte der Verteidigung während der Vorbereitung der Anträge allerdings doch, dass sie sich damit lächerlich machen würde;. Die Verhandlung ging jedenfalls weiter, ohne dass ein weiterer Befangenheitsantrag gestellt wurde.

Der Zeuge Mario Brehme wurde ein drittes Mal vernommen (zu seinen bisherigen Vernehmungen vgl. die Einträge vom 15.07.2015 und 14.10.2015). Zuletzt war es um die Frage gegangen, ob er als V-Mann gearbeitet hat – inzwischen haben die Geheimdienste auf Nachfrage des Gerichts angegeben, das sei nicht der Fall gewesen. Brehme konnte daher nach wenigen Minuten entlassen werden und hatte heute keine Gelegenheit, sich erneut als Nazipropagandist zu betätigen. Weiterlesen

02.03.2016

Befangenheitsantrag abgelehnt, Überfall auf Postfiliale und noch mehr Gründe, den Verfassungsschutz abzuschaffen

Das Befangenheitsgesuch der Verteidigung Wohlleben wurde wie erwartet als unbegründet verworfen, da es schlicht auf einem (wohl bewussten) Missverständnis des angegriffenen Beschlusses basierte. Das Gericht verhandelte also weiter. Allerdings begann die Verhandlung erst ab 13 Uhr – einen Grund hierfür teilte das Gericht nicht mit.

Es sagten dann zunächst zwei ZeugInnen zum Überfall des NSU auf eine Postfiliale in Zwickau im Juli 2001 aus. Auch dieser Überfall lief ähnlich ab wie die anderen – Vorhalt von Waffen, Einsatz von Pfefferspray gegen eintretende Kunden, Beute knapp 75.000 DM, erhebliche psychische Folgen für die Angestellten der Filiale, die sich auch heute in der Vernehmung wieder zeigten.

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02.02.2016

Befangenheitsgesuch der Verteidigung Zschäpe und Fragen an die Angeklagte Zschäpe

Der Verhandlungstag begann mit der Mitteilung, dass Zschäpe-Verteidiger Grasel über das Wochenende ein Befangenheitsgesuch gegen den Vorsitzenden Götzl angebracht hatte. Zuvor hatte Götzl den weiteren Antrag Zschäpes auf Entpflichtung der Alt-VerteidigerInnen Heer, Stahl und Sturm abgelehnt.

Da die Begründungen der diversen Entpflichtungsanträge im Laufe des Prozesses im Kern gleich bleiben, muss zum Ganzen nicht besonders viel gesagt werden: Die Ablehnung des Entpflichtungsantrags wird vor allem damit begründet, dass Heer, Stahl und Sturm weiter verteidigungsbereit und -fähig sind und dass der Abbruch der Kommunikation innerhalb der Verteidigung auf einer Kommunikationsverweigerung seitens der Angeklagten beruht. Das ist juristisch richtig und kann daher auch keine Befangenheit des Vorsitzenden begründen, auch dieses Befangenheitsgesuch ist also zum Scheitern verurteilt.

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