Erster Teil der Vernehmung von V-Mann Carsten Szczepanski
Heute war als Zeuge Carsten Szczepanski geladen, ehemaliger Kader aus der Naziskinhead- und -musikszene und Informant des Verfassungsschutzes Brandenburg. Szczepanski befindet sich seit seiner Enttarnung als V-Mann im Jahr 2000 im Zeugenschutzprogramm, er erschien vor Gericht mit Perücke und mit einer Rechtsanwältin als Zeugenbeistand.
Er behauptete, Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt nicht persönlich gekannt zu haben, Kontakte habe er aber zu „Blood & Honour“ Sachsen gehabt, v.a. zu den Eheleuten Probst. Im Gegensatz zu den „B&H“-Zeugen, die ihre Organisation als reine Konzertveranstalter von „Musikfreunden“ darzustellen versuchten, beschrieb Szczepanski „B&H“ zutreffend als „absolute Hardliner – da haben sich Menschen getroffen, die nationalsozialistisch, neonationalsozialistisch drauf waren und die daraus auch keinen Hehl gemacht haben.“
Befragt zu Waffenkäufen, sagte er aus, alle in der Szene hätten damals über Waffen geredet und wollten gerne Waffen haben – konkrete Erkenntnisse wollte er aber nicht haben. Er selbst sei auch nie konkret angesprochen worden – dabei wurde er wegen Verstößen gegen das Waffengesetz verurteilt, zuletzt wegen Waffengeschäften mit weiteren Personen aus dem Umfeld von „B&H“ Sachsen.
Problematisch war, dass der Zeuge keine Erinnerung hatte bzw. haben wollte an jegliche Details zu seinen Berichten über „B&H“ Sachsen, Jan Werner und Antje Probst. Er gab aber an, dem LfV Brandenburg regelmäßig über seine Erkenntnisse berichtet zu haben, er gehe davon aus, dass diese Berichte zutreffend sind.
Die Befragung wurde am Nachmittag nach der Befragung durch den Vorsitzenden und die Verteidigung unterbrochen. Szczepanski muss also noch einmal anreisen und es gibt dann die Gelegenheit, nach der weiteren Vernehmung von Antje Probst und ihrem Ex-Ehemann die sich widersprechenden Angaben gegeneinander zu stellen.
Die Verteidigung Wohlleben stellte im Anschluss noch einen Antrag auf Aufhebung bzw. Aussetzung des Haftbefehls gegen ihren Mandanten. Die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft sei nicht mehr zulässig, da einerseits kein dringender Tatverdacht mehr vorliege und andererseits die U-Haft nicht mehr verhältnismäßig sei. Nachvollziehbare Zweifel am dringenden Tatverdacht – den der Senat ja zuletzt mit Beschluss vom 01.07.2017 ausdrücklich bejaht hat – wurden allerdings nicht vorgetragen, insbesondere die Behauptung, die Lieferkette der Ceska sei nicht lückenlos bewiesen, ist falsch. Es ist bekannt, dass die Mordwaffe, die bei den NSU-Mördern gefunden wurde, an den Waffenhändler in der Schweiz geliefert wurde. Es ist ein Lieferweg von der Schweiz nach Thüringen plausibel und nachvollziehbar ermittelt. Und zuletzt hat der Angeklagte Schultze glaubhaft dargestellt, dass er eine Waffe mit Schalldämpfer übernommen und an Wohlleben übergeben hat. Auf dieser Grundlage wurde bislang der dringende Tatverdacht angenommen und es sind auch weiter keine Zweifel hieran ersichtlich.
Die U-Haft, so Wohllebens Verteidigung weiter, sei nicht mehr verhältnismäßig, weil der Senat zu viel Zeit für „überflüssige“ Anträge der Nebenklage verschwende. Da die zuletzt durchgeführte Beweisaufnahme u.a. darauf zielt, festzustellen, ob sich die Szene, in der sich die schweigenden Angeklagten damals aufhielten, offen für Morde und Anschläge gegen MigrantInnen aussprach, ist sie nicht zuletzt auch für die Feststellung des Mordvorsatzes von Wohlleben notwendig, eine Prozessverzögerung stellt sie sicher nicht dar. Die Verteidigung will mit dem Haftantrag anscheinend eine weitere Aufklärung verhindern.