20.11.2014

Lügen und Verharmlosen IX – Musikfreunde in Sachsen

Der Tag begann mit einer Darstellung der „Waffenvorlage“ im Februar 2012, bei der der Angeklagte Schultze anhand vorgelegter Waffen mit und ohne Schalldämpfer die Tatwaffe Ceska 83 vom Typ her „identifizieren“ sollte. Das fragwürdige Unternehmen, bei der Waffen aus der „Sammlung“ des BKA vorgelegt wurden, lieferte erwartungsgemäß keinen Beweiswert.

Danach wurde die Zeugin Antje Probst vernommen, die nach Aussagen des V-Mannes Carsten Szczepanski an der Unterstützung der untergetauchten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt mitgewirkt hat. Sie soll Zschäpe einen Reisepass zum Verlassen des Landes angeboten haben.

Die Vernehmung der Zeugin wurde nach stundenlanger Befragung durch den Vorsitzenden unterbrochen und wird am 10.12.2014 fortgesetzt. Probst verharmloste ihre Aktivitäten bis zur Grenze des Erträglichen und darüber hinaus. Bezeichnend war eine Situation, in der sie abstritt, den Angeklagten Eminger und seinen Bruder zu kennen – auf Vorhalt des Vorsitzenden, bei der Polizei habe sie zugegeben, die beiden zu kennen, entgegnete die Zeugin: „Oh Scheiße! Jetzt steht natürlich meine Glaubwürdigkeit total in Frage.“

Weiter versuchte Probst dem Gericht vorzugaukeln, „Blood & Honour“ sei für sie keine politische Betätigung gewesen: „Wir saßen in einer Kneipe und waren der Meinung, es wäre schön, ein paar musikalische Veranstaltungen zu haben…“ Andere aus der Gruppe hätten vielleicht politische Ziele gehabt: „Vielleicht eine weiße Welt, Menschen mit weißer Hautfarbe, könnte ich mir vorstellen, dass es vielleicht bei manchen eine Rolle gespielt hat.“ Gemeinsam habe man damals ein bis zwei Konzerte im Monat durchgeführt, mit 40 bis 400 Besuchern.

Sie beteuerte, die drei Untergetauchten nie wahrgenommen oder getroffen zu haben – und das obwohl ihr ein Foto vorgelegt wurde, auf dem sie bei einer Party oder Konzert neben Uwe Mundlos und Beate Zschäpe zu sehen ist. Sie will auch nicht mitbekommen haben, dass die Drei in Chemnitz untergekommen waren, ebenso wenig von Waffen, von einer Unterstützung der Drei oder von Spendensammlungen.

Spannend war die Angabe, irgendwann im Jahr 1997 oder 1998 habe Carsten Szczepanski mitgeteilt, aus den Einnahmen von Konzerten fehlten 20.000 DM. Sie habe damals vermutet, dass er selbst das Geld privat verwandt habe. Allerdings habe ihr enger Freund Jan Werner (ebenfalls „B&H“) gesagt, „Du spinnst wohl, niemand hat das Geld geklaut“, und mit den Worten „Halt die Fresse“ eine weitere Diskussion verhindert haben. Die gewaltverherrlichenden Konzerte spielten also offensichtlich viel Geld in die Kassen der Organisation – dies könnte der Grundstock der Unterstützung des späteren NSU gewesen sein.

Vor der weiteren Vernehmung von Probst werden zunächst ihr damals ebenfalls in der Nazimusikszene aktiver Ex-Ehemann und der V-Mann Carsten Szczepanski vernommen werden – dies wird zu einer konfrontativen Befragung führen.