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12.11.2014

V-Mann Kai Dalek – ein geschwätziger Wichtigtuer rudert zurück

Heute sagte zunächst ein BKA-Beamter aus, der Ermittlungen zum damaligen Chef von „Blood & Honour“ Sachsen, Jan Werner, durchgeführt hatte. Werner, Betreiber des Nazi- Labels „Movement Records“, hat vor dem OLG München die Aussage verweigert, weil er sich selbst belasten könnte. Die Sächsische „B&H“ Gruppe soll die gemeinsame Unterstützung des NSU mit Geld und Waffen beschlossen haben, Werner unter anderem versucht haben, von dem V-Mann Szczepanski eine Waffe zu besorgen.

Der Polizeibeamte hatte, wie beim BKA üblich, diverse Ermittlungen zusammengefasst, aber fast keine selbst vorgenommen. Er konnte also zwar einen guten Überblick über die Ermittlungsergebnisse zu liefern, aber keine selbst gewonnenen Erkenntnisse mitteilen. Die Verteidigung kritisierte die Vernehmung des Zeugen aus diesem Grund, obwohl es offensichtlich ist, dass das Gericht durch die Vernehmung zunächst einen Überblick über die Beweissituation gewinnen wollte.

Richtig ist, dass die wichtigen Zeugen bzw. Beweismittel aus seinem Bericht werden also durch Vernehmung bzw. Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt werden müssen. Die Nebenklage hat bereits mit mehreren Beweisanträgen deutlich gemacht, dass alle Mitglieder von „Blood & Honour“, die an der Unterstützung des NSU beteiligt gewesen sein können; wenn sie die Aussage verweigern, werden frühere Vernehmungen durch Befragung der Vernehmungsbeamten eingeführt werden. Das Kapitel „B&H“ ist also noch lange nicht abgeschlossen.

Der nächste Zeuge war Kai Dalek. Er wurde vor 1987 durch den Berliner Verfassungsschutz gegen Linke eingesetzt, von 1987 bis 1998 arbeitete er dann für das bayerische Landesamt. Er war eine wichtige Figur innerhalb der militanten bundesdeutschen Naziszene, unter anderem Koordinator der bundesweiten Rudolf Hess-Gedenkmärsche. Der deutlich über 1,90 Meter große, massige Mann, der inzwischen 50 Jahre alt ist, präsentierte sich als geschwätziger Wichtigtuer.

Bei zwei BKA-Vernehmungen während eines Haftaufenthaltes, bei denen er als Gegenleistung für eine Aussage Haftverbesserungen und vorzeitige Entlassung forderte, hatte er sehr konkrete Anschuldigungen gegen Tino Brandt erhoben, u.a. behauptet, dieser habe einen bewaffneten Arm des „Thüringer Heimatschutzes“ aufgebaut. In der Hauptverhandlung wollte Dalek dies so nicht bestätigen: er habe das nur geschlossen, weil Brandt bei einem Vorfall mit anderen THS-Mitgliedern Flaschen auf Polizeibeamte geworfen, militantes Auftreten gefördert und einmal eine Verabredung zum „Schießen“ getroffen habe. An weitere konkrete Anknüpfungspunkte für seine Schlussfolgerungen wollte er sich nicht erinnern.

Insgesamt wirkten diese Beschwichtigungsversuche völlig unglaubwürdig – offensichtlich wollte Dalek seine alten Nazistrukturen nicht stärker belasten. Deutlich wurde allerdings, dass die Unterlagen des bayerischen Verfassungsschutzes über die Meldungen von Dalek zur Überprüfung seiner Angaben beigezogen werden müssen. Zu einer Befragung durch die Nebenklage kam es nicht, weil die Verhandlung kurz nach 18.30 Uhr unterbrochen wurde. Am kommenden Mittwoch wird die Vernehmung fortgesetzt.