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25.11.2014

Und noch einmal: Lieferweg der Ceska 83 und Wert der V-Leute-Aussagen

Zunächst wurde das Protokoll der im Rechtshilfewege in der Schweiz am 24.06.2014 durchgeführten staatsanwaltschaftlichen Vernehmung des Zeugen Hans-Ulrich Müller verlesen. Müller hatte bei dieser Vernehmung, unter Wahrheitspflicht, keine Angaben zu einer angeblichen Täterschaft seiner Ex-Freundin oder anderer gemacht. Er hatte erneut bestritten, eine Ceska 83 über den Waffenerwerbsschein seines Schweizer Bekannten gekauft zu haben. Germann hatte dies aber in seiner Vernehmung wiederum so geschildert.

Danach wurde der Angeklagte Carsten Schultze nochmals zu den Angaben der V-Mannes Brandt und seines V-Mann-Führers Wießner befragt. Dem Vorsitzenden ging es offensichtlich darum, die Glaubwürdigkeit der Aussagen Brandts zu überprüfen. Brandt hatte unter anderem davon berichtet, Schultze habe erzählt, Geld für die drei Abgetauchten überwiesen zu haben. Carsten Schultze bestritt die Angaben Brandts, die ihn selbst noch stärker in die Nähe von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe rücken. Bei anderen Angaben gab Schultze an, keine Erinnerung mehr zu haben, wobei die Schilderungen Brandts durchaus zutreffen könnten.

Zuletzt wurde der als Anklagevertreter im Prozess anwesende Oberstaatsanwalt Weingarten als Zeuge vernommen – es ging um seine Befragung des Zeugen Enrico Theile im Ermittlungsverfahren. Dort hatte Theile u.a. angegeben, „die Waffen“ hätten ja alle „von Müller“ gestammt. Weil die ebenfalls anwesenden Polizeibeamten ausgesagt hatten, dass Weingarten zwischenzeitlich laut geworden sei, hatte die Verteidigung Wohlleben verbotene Vernehmungsmethoden behauptet. Weingarten schilderte die damalige Vernehmung so, wie sie auch im Protokoll festgehalten ist. Der Zeuge Theile kann mit Fug und Recht als „polizeierfahren“ bezeichnet werden, es wäre überraschend, wenn ein schreiender Staatsanwalt ihn in irgendeiner Weise beeindrucken könnte. Dies war dem Protokoll der Vernehmung – das Theile auch nicht unterschrieben hat – auch deutlich zu entnehmen.

Abschließend gaben die Verteidigung und die Nebenklage Erklärungen zur Befragung des V-Mannes Kai Dalek ab. Die Nebenklage machte in ihrer Erklärung noch einmal deutlich, welche Schlüsse aus Daleks Angaben zum Handeln der Verfassungsschutzbehörden zu ziehen sind:

„Dalek hat sich offensichtlich mit seiner Arbeit als faktisch hauptamtlicher Verfassungsschutzmitarbeiter voll identifiziert. Ein Eingeständnis, dass er und damit auch der bayerische Verfassungsschutz Kenntnis von der Existenz von Waffen, Sprengstoff, einer zunehmenden Militarisierung und Radikalisierung der Thüringer Neonaziszene im Allgemeinen und des „Thüringer Heimatschutzes“ im Speziellen gehabt haben, ohne dass entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet worden wären, würde ein schlechtes Licht auf seine und damit auch auf die Arbeit des bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz werfen. Vor diesem Hintergrund ist auch das Verhalten des Zeugen Dalek zu bewerten, dass er auf alle konkreten Nachfragen und Vorhalte aus seinen polizeilichen Vernehmungen zu der Bildung eines militärischen Arms des Thüringer Heimatschutzes, zu Schießübungen, zu der Existenz von Waffen und Sprengstoff immer wieder auswich und seine damaligen Antworten versuchte zu relativieren.

Bestätigt hat Dalek hingegen die Angaben von Brandt, dass die jeweiligen Ämter für Verfassungsschutz ihre Mitarbeiter und V-Leute vor Strafverfolgung schützten. Auch Dalek hat ausgesagt, dass seine V-Mann-Führer ihm zugesagt hätten, ihn in Bayern vor Ermittlungsmaßnahmen schützen zu können, auf Thüringen aber keinen Einfluss hätten.

Der Zeuge hat weiter berichtet, dass seine Tätigkeit in der Neonaziszene mit seinen V-Mann-Führern in Bayern eng abgestimmt wurde. Er sollte unter anderem dafür sorgen, dass sich der Thüringer Heimatschutz nicht nach Franken ausweite, was er auch getan habe. Er sei weiter davon ausgegangen, dass auch Brandt seine politischen Aktionen und die Militarisierung mit dem Thüringer Amt abgestimmt habe.

Vor dem Hintergrund seiner Aussage ist davon auszugehen, dass bei dem bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz umfangreiche Berichte zu den Aktivitäten des Thüringer Heimatschutzes, innerhalb der Organisation geführte Strategiedebatten über Gewalt, Militarisierung, Aktionen u.ä. existieren.“

19.11.2014

Mehr vom „Führungskameraden“ Dalek

Heute wurde die Vernehmung des V-Mannes Kai Dalek fortgesetzt. Die Nebenklage hatte zunächst Gelegenheit, Fragen zu stellen. Ein sichtlich angespannter Vorsitzender Götzl intervenierte immer wieder, beanstandete Fragen der Nebenklage und unterbrach die Befragung.

Nachdem zunächst vom Bayerischen Innenministerium eine restriktive Aussagegenehmigung gekommen war, wurde dem Zeugen mit einem heute verlesenen Schreiben sogar erlaubt, die (Arbeits-)Namen seiner V-Mann-Führer zu nennen.

Der ehemalige V-Mann antwortete zwar erneut sehr weitschweifig, schien aber heute eher bereit, konkrete Angaben zu machen. Über zwei Jahre habe er sehr regelmäßig an den „Mittwochstreffen“ des „Thüringer Heimatschutz“ (THS) teilgenommen. Über alle seine Einsätze und Erkenntnisse habe er am Folgetag telefonisch und danach schriftlich dem Landesamt berichtet. Diese Aussage ist wichtig, weil diese Berichte – die bislang nicht vorliegen – es dem Verfassungsschutz schon damals ermöglicht hätten, die Angaben der „einzigen“ Thüringer Quelle Tino Brandt zu überprüfen.

Es wurde dann der bereits bekannte Spiegel-TV-Film über eine Wehrsportübung in Erfurt 1992 gezeigt, in dem zunächst THS-Mitglieder eine Häuserkampfübung durchführen und anschließend V-Mann Thomas Dienel eine widerliche Hetzrede hält. Dalek gab zu, bei dieser Veranstaltung anwesend gewesen zu sein, wollte aber die Aufrufe zur Gewalt seines V-Mann-Kollegen durch einen Hinweis auf dessen angebliche Alkoholisierung relativieren. Auf nachdrückliche Nachfrage des Vorsitzenden konnte er aber keine Angaben machen, woran er diese angebliche Alkoholisierung festmachen wollte. In dem Film sind jedenfalls keine Ausfallerscheinungen Dienels erkennbar.

Dalek blieb aber – in klarem Widerspruch zu seiner Angabe gegenüber der Polizei, Brandt habe einen bewaffneten Arm des THS aufgebaut – dabei, er habe in der gesamten Zeit der Beschäftigung mit der Organisation keine einzige Waffe gesehen. Weiterhin gab er aber an, er habe immer gewarnt, dass Brandt eine gefährliche Radikalisierung seines Umfeldes betreibe.
Wie stark der Verfassungsschutz die Naziszene auch weiterentwickelte, wurde deutlich als Dalek auf Frage der Nebenklage angab, er habe seine Nazi-Aktivitäten 1987 im Auftrag des Landesamtes aufgenommen, er habe im Auftrage des Landesamtes auch den Kontakt zu Brandt und dem THS aufgenommen. Die Frage, ob er im Auftrage des Landesamtes den Aufbau des Thule-Netzes betrieben habe, verneinte er nicht, sondern verweigerte die Antwort unter Hinweis auf die eingeschränkte Aussagegenehmigung. Er gab aber an, über das Thule-Netz habe Brandt und unter Umständen auch andere THS-Mitglieder kommunizieren können, auch eine verschlüsselte Kommunikation sei möglich gewesen. Es habe für Uwe Mundlos oder andere THSler auch die Möglichkeit gegeben, über einen anderen Thule-Netz-Betreiber, beispielsweise in Erlangen, Zugang zu bekommen.

Die Aussage verweigerte Dalek auch auf die Frage, ob er dem BayLfV technische Möglichkeiten eingerichtet habe, alle angemeldeten Benutzer des Thule-Netzwerkes zu identifizieren und allen Datenverkehr zu kopieren bzw. zu speichern. Ebenso verweigerte er unter Hinweis auf eine fehlende Aussagegenehmigung die Antwort auf die Frage, ob er in Berlin – wo er vor seinem Umzug nach Bayern gewohnt hat – auch schon für die Behörden gearbeitet habe.
Es ist klar, dass nur die Beiziehung aller beim bayerischen Verfassungsschutz liegenden Unterlagen zu Dalek Antworten auf die aufgeworfenen Fragen bringen kann, unter anderem auf die Fragen, ob Brandt tatsächlich Teile des THS so stark radikalisierte, dass aus diesen heraus der NSU entstand, und ob der NSU das vom V-Mann Dalek betriebene Thule-Netzwerk zur Kommunikation im Untergrund benutzte.

12.11.2014

V-Mann Kai Dalek – ein geschwätziger Wichtigtuer rudert zurück

Heute sagte zunächst ein BKA-Beamter aus, der Ermittlungen zum damaligen Chef von „Blood & Honour“ Sachsen, Jan Werner, durchgeführt hatte. Werner, Betreiber des Nazi- Labels „Movement Records“, hat vor dem OLG München die Aussage verweigert, weil er sich selbst belasten könnte. Die Sächsische „B&H“ Gruppe soll die gemeinsame Unterstützung des NSU mit Geld und Waffen beschlossen haben, Werner unter anderem versucht haben, von dem V-Mann Szczepanski eine Waffe zu besorgen.

Der Polizeibeamte hatte, wie beim BKA üblich, diverse Ermittlungen zusammengefasst, aber fast keine selbst vorgenommen. Er konnte also zwar einen guten Überblick über die Ermittlungsergebnisse zu liefern, aber keine selbst gewonnenen Erkenntnisse mitteilen. Die Verteidigung kritisierte die Vernehmung des Zeugen aus diesem Grund, obwohl es offensichtlich ist, dass das Gericht durch die Vernehmung zunächst einen Überblick über die Beweissituation gewinnen wollte.

Richtig ist, dass die wichtigen Zeugen bzw. Beweismittel aus seinem Bericht werden also durch Vernehmung bzw. Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt werden müssen. Die Nebenklage hat bereits mit mehreren Beweisanträgen deutlich gemacht, dass alle Mitglieder von „Blood & Honour“, die an der Unterstützung des NSU beteiligt gewesen sein können; wenn sie die Aussage verweigern, werden frühere Vernehmungen durch Befragung der Vernehmungsbeamten eingeführt werden. Das Kapitel „B&H“ ist also noch lange nicht abgeschlossen.

Der nächste Zeuge war Kai Dalek. Er wurde vor 1987 durch den Berliner Verfassungsschutz gegen Linke eingesetzt, von 1987 bis 1998 arbeitete er dann für das bayerische Landesamt. Er war eine wichtige Figur innerhalb der militanten bundesdeutschen Naziszene, unter anderem Koordinator der bundesweiten Rudolf Hess-Gedenkmärsche. Der deutlich über 1,90 Meter große, massige Mann, der inzwischen 50 Jahre alt ist, präsentierte sich als geschwätziger Wichtigtuer.

Bei zwei BKA-Vernehmungen während eines Haftaufenthaltes, bei denen er als Gegenleistung für eine Aussage Haftverbesserungen und vorzeitige Entlassung forderte, hatte er sehr konkrete Anschuldigungen gegen Tino Brandt erhoben, u.a. behauptet, dieser habe einen bewaffneten Arm des „Thüringer Heimatschutzes“ aufgebaut. In der Hauptverhandlung wollte Dalek dies so nicht bestätigen: er habe das nur geschlossen, weil Brandt bei einem Vorfall mit anderen THS-Mitgliedern Flaschen auf Polizeibeamte geworfen, militantes Auftreten gefördert und einmal eine Verabredung zum „Schießen“ getroffen habe. An weitere konkrete Anknüpfungspunkte für seine Schlussfolgerungen wollte er sich nicht erinnern.

Insgesamt wirkten diese Beschwichtigungsversuche völlig unglaubwürdig – offensichtlich wollte Dalek seine alten Nazistrukturen nicht stärker belasten. Deutlich wurde allerdings, dass die Unterlagen des bayerischen Verfassungsschutzes über die Meldungen von Dalek zur Überprüfung seiner Angaben beigezogen werden müssen. Zu einer Befragung durch die Nebenklage kam es nicht, weil die Verhandlung kurz nach 18.30 Uhr unterbrochen wurde. Am kommenden Mittwoch wird die Vernehmung fortgesetzt.

30.09./01.10.2014

Zu Brandt’s V-Mann-Führern – und zur „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“

Diese Woche standen vor allem die Vernehmungen von drei V-Mann-Führern des THS-Führers Tino Brandt an. Sie waren vor der Vernehmung Brandts bereits in München befragt worden, waren aber allesamt noch einmal geladen worden – auch, weil sie zum Teil extrem schlecht auf die Befragung vorbereitet waren.

Dieses Bild setzte sich gestern und heute fort: Alle drei V-Mann-Führer konnten oder wollten sich an die Gespräche mit Brandt nicht mehr erinnern, auch auf Vorhalt ihrer damaligen Vermerke wollte sich bei keinem von ihnen eine rechte Erinnerung einstellen. Soviel also zum Umgang mit der „Top-Quelle“ Brandt. Zum Teil gewann man den Eindruck, dass die VS-Beamten ihre Aufgabe mit dem Verfassen und Abheften eines kurzen Vermerks zu den Gesprächen als erledigt ansahen.

Die Nebenklage beantragte, Kai Dalek als Zeugen zu laden. Dalek war Gründer des in den 90er Jahren wichtigen Rechnerverbundes „Thule-Netz“ sowie der für Thüringen zuständige „Führungskamerad“ der „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“ (GdnF), dem Brandt anweisungsgemäß gemeldet hatte, dass ihn der Thüringer VS angefragt hatte. Dalek, damals selbst schon V-Mann des bayerischen VS, berichtete „seinem“ Dienst u.a. auch umfangreich über die Gewaltaffinität des Thüringer Heimatschutzes und Plänen Brandts von einer „militärischen“ Organisation nach Vorbild der SA . Brandt hatte in seiner Zeugenaussage ja wenig glaubhaft behauptet, der THS habe Gewalt abgelehnt.

Die Zeugenaussage Daleks wird aber auch relevant sein, weil er zu der Einbindung des THS in das bundesweite Netzwerk „GdnF“ Angaben machen kann. Die „GdnF“ war von führenden militanten Nazikadern aus Westdeutschland Mitte der 1980er nach den Verboten diversen Nazi-Parteien und -Gruppen gegründet worden als informelle, aber hierarchisch organisierte Kaderorganisation. Ziel war eine zentrale Organisation der Führungskader aller im Bundesgebiet tätigen Parteien und Kleinstgruppen. Mit schnellen Neugründungen zahlreicher Kleinstgruppen wurden die staatlichen Verbote umgangen, trotzdem wurde durch die GdnF gewährleistet, dass all diese Gruppen politisch in eine Richtung arbeiteten. Die GdnF propagierte den Nationalsozialismus als Ziel und als Mittel, dieses zu erreichen, neben dem politischen Kampf den Straßenterror nach SA-Vorbild sowie gezielten politischen Mord. Die GdnF war es auch, die sich frühzeitig für die Skinheadkultur öffnete und ab Mitte der 90er-Jahre die bundesweite und internationale Verbreiterung des „Blood & Honour“-Netzwerkes vorantrieb. Wenn klar ist, dass mindestens zwei im bzw. für den THS wichtige Personen, Brandt und Dalek, Kader des GdnF waren oder sich diesen unterordneten, dann liegt es nahe, dass der NSU politisch und praktisch aus diesem Netzwerk beeinflusst und unterstützt wurde. In der GdnF fanden sich jedenfalls zahlreiche Personen, die sowohl praktisch über die notwendige Erfahrung für Vorbereitung und Durchführung von Morden und Sprengstoffanschlägen verfügten als auch politisch ein Konzept von Morden gegen Migranten ohne Bekennerschreiben entwickeln konnten.

23.09.2014

V-Mann Brandt: den Verfassungsschutz haben Straftaten der Naziszene nicht interessiert

Zunächst wurden heute ein Polizeibeamter und ein Richter aus Zwickau befragt, die die alte Frau vernommen hatten, die nur durch Zufall unverletzt aus dem brennenden Haus in der Frühlingsstraße geholt wurde.

Die Verteidigung Zschäpe versuchte mit großem Aufwand, die richterliche Vernehmung als fehlerhaft darzustellen, obwohl sich aus dieser lediglich ergibt, dass die alte Dame nicht mehr aussagefähig war. Dem Vernehmungsbeamten, der die Frau kurz nach der Tat vernommen hatte, versuchten die Zschäpe-Verteidiger eine Bestätigung zu entlocken, dass Zschäpe beim Verlassen des Hauses noch kurz bei der alten Dame geklingelt hatte. Juristisch könnte eine solche Feststellung allerdings nur ergeben, dass Zschäpe davon ausging, dass die alte Frau zu Hause war – und damit in dem Bewusstsein handelte, dass die alte Frau sterben könnte. Ein strafbefreiender Rücktritt kann aus einem einfachen Klingeln an der Haustür jedenfalls nicht abgeleitet werden.

Die Vernehmung des Zeugen Tino Brandt wird planmäßig morgen fortgesetzt. Wir werden morgen zusammenfassend berichten. Berichtenswert sind allerdings bereits zwei Aussagen des langjährigen V-Mannes Brandt, die deutlich machen, wie der Verfassungsschutz in Deutschland arbeitet, wenn es um Nazis geht.

Zu seiner „Nachrichtenehrlichkeit“ gab Brandt an, er habe sich in den Gesprächen mit dem LfV nicht weiter zu Straftaten geäußert. Den Verfassungsschutz habe das auch nicht interessiert, für den sei die Aufklärung von „Diskoschlägereien“ nicht interessant gewesen und habe nie nach Straftaten der Naziszene gefragt.

Außerdem habe er bereits in den frühen 1990ern einen „Führungskameraden“ aus der militanten Neonazi-Szene gehabt, dem er beispielsweise das Anwerbegespräch mit dem Thüringer LfV melden musste. Sein Führungskamerad sei Kai Dalek gewesen, von dem heute bekannt ist, dass er selbst V-Mann des Landesamtes Bayern war. Dalek sei Teil des bundesweiten Netzwerkes „Gesinnungsgemeinschaft der neuen Front“ (GdnF) unter Führung des Hamburger Neonazis Christian Worch gewesen und innerhalb der GdnF für die „Führung“ der Thüringer Szene zuständig gewesen.

Die deutschen Verfassungsschutzämter haben mehr als ein Jahrzehnt lang behauptet, es gäbe keinerlei bundesweite Organisation der militanten Neonaziszene, die im Hintergrund der verschiedenen Parteien die Aktivitäten koordiniert habe. Antifaschistische Gruppen hatten immer wieder auf die Bedeutung der GdnF hingewiesen. Die Vernehmung heute bewies erneut, dass sie hiermit Recht hatten – selbst Gruppen wie Blood and Honour wurden aus diesem im Hintergrund wirkenden Netzwerk heraus beeinflusst und gesteuert.