Lügen und Verharmlosen I
Am heutigen Tage sollten die Zeugen Frank Liebau und Jürgen Länger vernommen werden. Liebau betrieb zwischen 1995 und 2007 in Jena den Laden Medley, über den nach den Angaben des Angeklagten Schultze und eines weiteren Zeugen die Ceska und der dazugehörige Schalldämpfer und später nach den Angaben des Angeklagten Gerlach eine weitere Schusswaffe für Wohlleben und den NSU besorgt wurden. Der Laden war einer der wichtigsten Treffpunkte der Naziszene in Jena, weil dort von der szenetypischen Bekleidung bis zum Soundrack zu Mord und Totschlag alles verkauft wurde, was das Naziherz begehrte.
Die Vernehmung des Zeugen Liebau ging über Stunden, ohne dass dieser auch nur greifbare Antworten abgab. Typisch war dabei, dass er immer dann, wenn er offensichtlich nicht die Wahrheit sagen oder etwas verschweigen wollte, in einen hektischen, nuschelnden thüringischen Dialekt verfiel und damit gar nicht mehr zu verstehen war.
Uwe Böhnhardt kannte er zwar aus der frühen Jugend, sie waren in einer gemeinsamen Clique, auf Nachfragen wollte aber so gar nichts erinnern, was dieser damals gemacht habe. Auch Uwe Mundlos und Ralf Wohlleben kannte er „im gleichen Verhältnis“.
Der Zeuge Andreas Schulz, der am 13.11. gehört werden soll, hat angegeben, er habe die Ceska durch Vermittlung des Liebau von Länger erhalten. Liebau gab an, den Zeugen Schulz vor etwa einer Woche besucht zu haben – an den Gesprächsinhalt wollte er sich aber nicht erinnern. In früheren Gesprächen habe er zu Schulz gesagt, er wolle von all dem „gar nichts wissen“. Allerdings habe Schulz ihm gegenüber zugegeben, dass er eine Waffe verkauft hat.
Ansonsten behauptete Liebau, die Vernehmungsbeamten der Polizei hätten in das Protokoll seiner Vernehmung viele Dinge reingeschrieben, die er gar nicht gesagt habe, er habe das Protokoll nur unterschrieben, weil er die Befragung beenden wollte.
Die Fortsetzung seiner Vernehmung am 13.11. wird ein Prüfstein dafür werden, ob sich der Vorsitzende Richter von einem Zeugen auf der Nase herumtanzen lässt, der beständig auf der Klippe von Lügen, Nicht-Erinnern und Nichts-sagen bewegt.
Der Zeuge Länger will die Aussage verweigern, da eine wahrheitsgemäße Aussage ihn der Gefahr weiterer Ermittlungen wegen des Vorwurfes der Beihilfe zum Mord aussetzen würde. Seine Vernehmung wird zu einem späteren Zeitpunkt unter Hinzuziehung seines Rechtsanwaltes als Zeugenbeistand fortgesetzt.