Schlagwort-Archive: Jan Werner

14.07.2016

Zu Zschäpes Fingerabdrücken am NSU-Archiv und Verteidigung Wohlleben will jetzt auch aufklären

Nach dem langen Tag gestern hatte das Gericht heute nur ein eingeschränktes Beweisprogramm: ein Sachverständiger zum Thema Fingerabdruckspuren schilderte, wie er die Fingerabdrücke an zwei Zeitungsartikeln im NSU-Archiv zu den Morden und Sprengstoffanschlägen anhand konkreter Übereinstimmungen Beate Zschäpe zuordnete. Diese Abdrücke, so schilderte er, konnten nur durch Anfassen der Artikel entstehen, eine Übertragung von anderen Papieren ist ohnehin unwahrscheinlich, würde zudem zu einem gespiegelten Abdruck führen, der hier aber gerade nicht vorlag. Es ist also davon auszugehen, dass Zschäpe diese Artikel im Zeitungsarchiv angefasst hat. Weiterlesen

15.06.2016

„Was ist mit den Bums“ – und was mit der Erinnerung?

Einziger Zeuge heute war ein Ermittler des LKA Berlin, der über die Telefonüberwachung beim Chemnitzer Blood and Honour-Chef Jan Werner in den Jahren 1998-2001 im Ermittlungsverfahren gegen die Naziband Landser berichten sollte. Werner hatte u.a. am 25.08.1998 eine SMS mit der Frage „Was ist mit den Bums?“ an ein Handy des Brandenburger V-Manns Carsten Szczepanski geschickt. Dies ist natürlich zum einen ein Hinweis darauf, dass Werner eine Schusswaffe für Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt besorgen sollte und deswegen mit Szczepanski in Kontakt stand, und damit natürlich auch auf eine Möglichkeit, die drei Untergetauchten festzunehmen – eine Möglichkeit, die dann vom Brandenburger Verfassungsschutz vereitelt wurde (vgl. den Bericht vom 15.03.2016 und die Presseerklärung vom 02.06.2016). Weiterlesen

09.12.2014

U.a. mehr zu „Blood & Honour“ Sachsen

Am heutigen Tag wurde dargestellt, wie mühselig die Beweisaufnahme manchmal sein muss und kann. Die Verlesung von Ermittlungsberichten zu durchgeführten Untersuchungen auf Fingerabdrücke nahm den gesamten Nachmittag in Anspruch. All diese Beweismittel müssen allerdings formal korrekt eingeführt werden, wenn sie im Urteil Berücksichtigung finden sollen – und inhaltlich waren einige der Feststellungen durchaus wichtig.

Zunächst sagten aber zwei BKA-Ermittler aus, die 2011 den Chef von „Blood and Honour“ Sachsen, Jan Werner, als Beschuldigten vernommen hatten. In der Vernehmung selbst hatte Werner keine Angaben zur Sache gemacht, aber am Rande der Vernehmung in einer Zigarettenpause: Es sei ja bekannt, wer in den 1990ern Waffen für die Nazi-Szene besorgt habe, der habe sich dann im Nachhinein als V-Mann herausgestellt. Er selbst habe ja damals unter ständiger Beobachtung gestanden. Außerdem thematisierte Werner noch kurz seine Bekanntschaft mit Andreas Graupner, ebenfalls Mitglied von „B&H“ Sachsen und der Nazi-Band „Noie Werte“, behauptete aber, aktuell keinen Kontakt mehr zu haben. Weiterlesen

02.12.2014

VS-Informanten: „Leute, nicht die nicht nur berichten, sondern Leute, die etwas tun und dann darüber berichten“

Heute sagten zunächst zwei pensionierte Kriminalbeamte aus der Schweiz aus – die Verteidigung Wohlleben hatte beantragt, sie zu laden. Die Beamten hatten 1996 ein Strafverfahren gegen einen Deutschen geführt, der illegal mit in der Schweiz gekauften Waffen gehandelt hatte. Dabei hatte am Rande auch das Waffengeschäft eine Rolle gespielt, von dem der Schweizer Hans-Ulrich Müller die Mordwaffe Ceska hatte. Wie bereits berichtet, handelt es sich um ziemlich verzweifelte Versuche der Verteidigung, den Weg der Ceska in Frage zu ziehen – heute kam noch hinzu, dass die beiden Beamten gar nicht direkt mit dem Waffengeschäft zu tun hatten.

Nächster Zeuge war der Ex-Mann von Antje Probst, die letzte Woche zu „Blood & Honour“ Sachsen und deren Unterstützung der „Drei“ ausgesagt hat (s. den Bericht vom 20.11.2014).
Auch Probst stellte sich selbst als weitgehend unpolitisch und seine Kontakte zu anderen Kadern, z.B. Jan Werner von „B&H“, als „rein nachbarschaftlich“ dar. Von „politischen Spinnern“ habe er sich immer klar abgegrenzt. Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos habe er gar nicht gekannt, über die Untergetauchten aus Thüringen sei zwar „getratscht“ worden, er wisse aber nicht von wem, das habe ihn auch nie interessiert. Bei der Polizei hatte er noch deutlich mehr Details geschildert – heute versucht er das damit zu erklären, die Polizeibeamten hätten ihn wegen des „hohen Erfolgsdrucks“, der auf ihnen gelastet hätte, „hochsuggestiv“ befragt.
Vergraben in diesen Märchen teilte Probst aber durchaus auch Eindrücke von der Szene mit, die der Wahrheit näher kommen dürften als vieles, was Szene-Zeugen bisher berichtet haben: So beschrieb er etwa die ihm bekannten V-Männer als „Aktiv-Kader“, als „Leute, nicht die nicht nur berichten, sondern Leute, die etwas tun und dann darüber berichten.“ So etwa Thomas Starke: „wo der nicht war, war nichts los“ – was wohl auch für die Unterstützung von Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos in der ersten Zeit gelten dürfte. Auch die Beschreibung des Auftretens des „Thüringer Heimatschutzes“ als „martialisch“ und „erschreckend“ dürften viele BeobachterInnen des Prozesses teilen.

Über seine Ex-Frau wollte Probst zunächst gar nichts sagen, das sei ihm geraten worden, da seine Aussage sie belasten könnte – „könnte ja sein, dass sie was damit zu tun hatte.“ Das Gericht unterbrach daraufhin seine Unterbrechung, Probst soll in zwei Wochen noch einmal in Begleitung eines Zeugenbeistands erscheinen.

15.10.2014

Das NSU-Unterstützernetz: Chef von „Blood and Honour“ Sachsen verweigert die Aussage

Der ehemalige Chef von Blood and Honour Sachsen, Jan Werner, hat die Aussage verweigert, weil er sich bei wahrheitsgemäßer Aussage selbst belasten könnte. Werner hatte nicht nur mit all denjenigen „Blood and Honour“-Mitgliedern und SympathisantInnen eng zu tun, die den NSU unterstützt haben, er hatte auch selbst Telefonate zwischen den drei Untergetauchten und Ralf Wohlleben vermittelt. Nach dem bisherigen Stand der Beweisaufnahme besteht die Vermutung, dass „B&H“ und der NSU jedenfalls bis zum Verbot von „B&H“, als diese im Blick der Strafverfolgung standen, fest zusammengearbeitet haben.

Werners Aussageverweigerung erschwert zwar die weitere Aufklärung des Unterstützernetzwerkes des NSU, erspart allen Beteiligten aber wenigstens eine weitere Zeugenvernehmung nach dem Motto „Ich weiß nix“. Frustrierend an dieser Prozesssituation ist erneut der Umstand, dass sich aus den Akten keine besondere Ermittlungstätigkeit der Bundesanwaltschaft gegen Werner ergibt. Auch das gegen ihn geführte Verfahren, dass ihm jetzt zum Schweigerecht verhilft, wird aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwann still und heimlich eingestellt werden.

Im Anschluss wurden noch zwei Urteile gegen Uwe Böhnhardt aus 1997 sowie zwei Beschuldigtenvernehmungen Böhnhardts verlesen.