Zschäpe spricht – sagt aber nichts Neues. Und: Das Gericht verweigert weiter jede Aufklärung
Heute wurden zunächst die Antworten der Verteidigung Zschäpe auf die letzten Fragen des Gerichts verlesen. Wiederum keine Glanzleistung der Verteidiger Grasel und Borchert: so wurden einmal wieder Erlebnisse nachgeschoben, die Zschäpe bisher nicht einmal am Rande erwähnt hatte, die aber, wären sie wahr, sicher sehr eindrücklich gewesen wären (in diesem Fall eine Schlägerei zwischen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die Zschäpe dann aber auch „nicht näher beschreiben möchte“) und offensichtliche Widersprüchlichkeiten damit erklärt, es habe sich ja nur um „Vermutungen“ ihrerseits gehandelt (in diesem Fall ihre Angaben, Mundlos habe die Morde fotografiert, sie selbst habe aber von den Morden nichts Näheres gewusst).
Überraschenderweise verkündete Borchert sodann, seine Mandantin wolle selbst auch noch etwas sagen. Die las dann einige Sätze vom Blatt ab. Deren Inhalt war angesichts der Verteidigungsstrategie wenig überraschend: sie habe sich früher durchaus mit dem „nationalistischen Gedankengut“ von Böhnhardt und dessen Umfeld identifiziert, sich aber inzwischen davon abgewandt. Sie „verurteile“ das, was Böhnhardt und Mundlos den Opfern und deren Familien angetan hätten, und auch ihr „eigenes Fehlverhalten“ in diesem Zusammenhang. Wie wenig ernst gemeint diese Angabe war, zeigte sich schon unmittelbar danach: auf Frage des Nebenklägervertreters Scharmer, ob Zschäpe denn dann jetzt die Fragen eben jener Opfer und Familienangehörigen beantworten würde, ließ sie wiederum ihren Verteidiger antworten, und der blockte wiederum ab.
Die Nebenklage stellte wiederum mehrere Beweisanträge. Unter anderem geht es darum, dass Zschäpe 1997 eine Schulung bei der „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ besucht hatte, einer von Nazi-Anwalt Jürgen Rieger geführten, eng am historischen Nationalsozialismus orientierte Gemeinschaft von Alt- und Neonazis. Zschäpe besuchte die Veranstaltung Polizeiberichten zu Folge in Begleitung einiger anderer Jenaer Neonazis – aber ohne Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.
Das Gericht lehnte wiederum mehrere Anträge der Nebenklage ab und zeigte damit, dass es weiter nicht an einer echten Aufklärung interessiert ist. Diesmal ging es u.a. um das von Wohlleben mit anderen organisierte „Fest der Völker“, eine Veranstaltung „Blood and Honour“-naher Neofaschisten aus mehreren europäischen Ländern. Das sei aber für das Urteil nicht relevant, weil man ja nicht sicher sein könne, dass Wohlleben die politischen Inhalte derjenigen, die er da einlud, teilte oder dass seine Einstellung zwischen der Tatzeit 1999/2000 und den Veranstaltungen Mitte der 2000er absolut stabil geblieben sei, so die spitzfindige Begründung des Gerichts, mit dem es die Anforderungen an Beweisanträge weit überspannt.