22.09.2016

Zur angeblichen Alkoholisierung Zschäpes am 4.11.2011 und: Beweisaufnahme doch nicht am Ende

Heute erstattete der medizinische Sachverständige sein Gutachten zur Alkoholisierung der Angeklagten Zschäpe am 4.11.2011 bei Inbrandsetzung des Hauses in der Frühlingsstraße. Der Gutachter legte die von Zschäpe berichteten Trinkmengen zu Gute – die schon kaum glaubhaft und offensichtlich in der Hoffnung auf eine mögliche Bescheinigung eingeschränkter Steuerungsfähigkeit berichtet sind. Auf Grundlage dieser Angaben kam er zu einer theoretisch denkbaren sehr hohen Alkoholisierung. Gleichzeitig hatte Zschäpe aber angegeben, sie habe keine Ausfallerscheinungen verspürt, und auch die Aussagen der ZeugInnen, die Zschäpe vor dem Haus getroffen hatten, hatten dies bestätigt. Das eindeutige Fazit des Sachverständigen daher: „Aus rechtsmedizinischer Sicht bestand keine relevante Einschränkung der physischen oder kognitiven Leistungsfähigkeit.“ Es könnte sein, dass sich sich Zschäpe in ihrem Bemühen, einerseits anzugeben, sie habe alles getan, um eine Lebensgefahr für Dritte auszuschließen und andererseits eine schuldeinschränkende Trunkenheit zu erfinden, verheddert hat.

Für kurzzeitige Verwirrung sorgte die Frage des Gerichts an die Verteidigung, ob vor dem schriftlichen Vorgutachten des Sachverständigen Prof. Saß noch weitere Beweisaufnahmen gewünscht seien. Verteidiger Stahl verstand dies als Ankündigung, dass das Gericht bald mit der Beweisaufnahme fertig sei, der Vorsitzende beeilte sich daraufhin mitzuteilen, es gehe ausschließlich um Beweisaufnahmen im Hinblick auf das vorläufige Gutachten. Es gibt also keinen Hinweis darauf, dass das Gericht vorhat, bald die Beweisaufnahme zu schließen.
Das Gericht holte dann weitere Stellungnahmen zur Verwertbarkeit des Briefes von Beate Zschäpe (vgl. den Beitrag vom [link] 14.09.2016) ein. Eine Entscheidung hat das Gericht immer noch nicht getroffen.

Die letzten etwa vier Stunden des Verhandlungstages verschwendete das Gericht wieder auf ein sinnloses Befangenheitsgesuch der Verteidigung Wohlleben: die hatten den Sachverständigen Leygraf – der Schultze, nicht Wohlleben, begutachtet hatte, und dies auch nur in Hinblick auf die Anwendung von Jugendstrafrecht – als befangen abgelehnt, weil der es gewagt hatte, Schultze eine Frage zu ausländerfeindlichen Parolen in der Naziszene zu stellen. Dieses Befangenheitsgesuch lehnte das Gericht heute als unbegründet ab – was die Verteidigung zu dem Schluss brachte, dass die Richter selbst befangen sein müssen. Damit hat die Verteidigung Wohlleben der Verteidigung Zschäpe endgültig den Spitzenplatz bei den sinnlosesten Befangenheitsgesuchen abgelaufen. Ohnehin ist bei der Verteidigung Wohlleben festzustellen, dass sie die für sie immer katastrophaler verlaufende Beweisaufnahme mit immer mehr neben der Sache liegenden Bemerkungen und verzweifelten Anträgen wie dem heutigen zu kompensieren versucht.

Zum Ende des Tages teilte der Vorsitzende mit, dass die Prozesstage am nächsten Dienstag und Mittwoch abgesetzt werden, damit Zschäpe-Verteidiger Grasel Zeit hat, mit seiner Mandantin die Fragen des Gerichts zu besprechen. Am Donnerstag sollen diese Fragen dann beantwortet werden.