Viele Themen und wenig Greifbares
Zunächst wurde heute ein Polizeibeamter vernommen, der eine Auswertung von Funkzellendaten des Smartphones von André Eminger am 4.11.2011 in Zwickau vorgenommen hatte. Demnach war von 09:41 Uhr bis 10:37 Uhr das Handy von Eminger in zwei Funkzellen eingebucht, die die Frühlingsstraße 26 versorgen. Mehr erbrachte die Auswertung nicht. Auffällig ist allerdings, worauf die Nebenklage hinwies, dass Zschäpe um 10.34 begann im Internet zu surfen, also kurz nachdem Eminger den Funkzellenbereich verlassen hatte. Dies
spricht für eine Anwesenheit Emingers am Morgen des 04.11. bei Zschäpe. Die Frage, warum diese relevanten Ermittlungen erste im September 2016 erfolgt sein, konnte der Beamte nicht beantworten.
Es folgte eine längere Stellungnahme der Altverteidiger Zschäpes, die der Auffassung sind, der Brief Beate Zschäpes an den Dortmunder Neonazi (vgl. Bericht vom 14.09.2016) dürfte nicht verlesen werden, weil er rechtswidrig zur Akte gelangt sei. Dieser Stellungnahme schloss sich nicht nur Wohlleben-Verteidiger Klemke, sondern auch Zschäpes Vertrauensanwalt Grasel an – der Streit unter den Zschäpe-Anwälten scheint sich also wirklich zu legen.
Es bleibt abzuwarten, wann das Gericht eine Entscheidung darüber trifft, ob die Nebenklage den Beweisantrag überhaupt zu Ende vortragen darf.
Sodann folgten Inaugenscheinnahmen und Verlesungen von Beweismitteln, aus denen sich der rassistische und gewalttätige Charakter des Thüringer Heimatschutzes und die entsprechende ideologische Einstellung von Ralf Wohlleben ergibt.
Die Verteidigung Wohlleben startete einen neuen Versuch, den Lieferweg der Mordwaffe Ceska in Frage zu stellen, hierzu soll eine Schweizer Polizeibeamtin befragt werden.
Die Bundesanwaltschaft nahm Stellung zum Antrag der Nebenklage zur Hörbarkeit der Schüsse auf Halit Yozgat durch den Verfassungsschutzmitarbeiter Temme (vgl. den Bericht vom 20.09.2016). Sie beantragte nicht überraschend, diesen Antrag abzulehnen. Es war spürbar, dass die BAW äußerst verärgert ist, dass Temme erneut Thema des Prozesses werden könnte.
Die Geduld des Gerichts wurde im Anschluss erneut auf die Probe gestellt: Der Vorsitzende fragte RA Grasel, wann denn die weiteren Fragen des Gerichts beantwortet werden. Dieser antwortete, der nächste freie Tag, an dem er die Fragen überhaupt mit Zschäpe besprechen könne, sei Anfang Oktober. Es ist nicht auszuschließen, dass das Gericht in Hinblick darauf in der kommenden Woche Verhandlungstage absetzt, um diese Antworten schneller zu erhalten.