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14.10.2014

Zum Mordvorsatz Zschäpes und zur „NSU/NSDAP“-CD

Der Verhandlungstag war vor allem geprägt von rechtlichen Bewertungen der Beweisaufnahme durch Erklärungen der Verteidigung, der Nebenklage und der Bundesanwaltschaft.

Die Erklärung der Nebenklage zum Zeugen Rothe machte deutlich, dass der nicht nur von der Strafverfolgung gegen das Trio wissen musste, als er sie bei sich wohnen ließ, sondern dass er auch weiter mit ihnen politisch zusammenarbeitete. Das Vertrauensverhältnis war so groß, dass er ihre Wohnung in Zwickau kannte, in der sie noch lange und während der von ihnen begangenen Mordserie wohnten. Die massive Unterstützung durch „Blood & Honour“ Chemnitz soll morgen durch die Vernehmung des „B&H“-Sektionsleiters für Sachsen, Jan Werner, weiter untersucht werden.

Die Verteidigung Zschäpe gab eine Erklärung ab zu den Vernehmungen der alten Dame, die durch den Brand in der Frühlingsstraße in Lebensgefahr kam, und zu den Vernehmungen der Polizeibeamten, die diese befragt hatten. Sie selbst hatte nach dem Brand gesundheitlich stark abgebaut und konnte nicht mehr befragt werden. Die Verteidigung meinte, der Senat habe dies zu verschulden, weil nicht frühzeitig genug alles Mögliche zur Vernehmung unternommen worden sei. Insbesondere weise eine Äußerung der Frau gegenüber einem Polizeibeamten darauf hin, dass eventuell Zschäpe vor oder nach der Brandlegung bei ihr geklingelt habe. Dazu habe die Verteidigung sie aber nicht mehr befragen können.

Die Verteidigung geht also anscheinend selbst davon aus, dass Zschäpe den Brand gelegt hat. Dabei hofft Zschäpe nun wohl, das Gericht werde wegen des behaupteten Klingelns davon ausgehen, dass sie keinen Tötungsvorsatz hatte, weil sie hoffte, die Frau sei nicht zu Hause. Eine solche Annahme ist allerdings abenteuerlich. Denn im Gegenteil würde das Klingeln zeigen, dass Zschäpe ganz genau wusste, dass die Frau mit großer Wahrscheinlichkeit zu Hause war. Da sie auch wusste, dass ihre Nachbarin gehbehindert war, also sowohl für den Weg zur Wohnungstür als auch für eine Flucht aus dem Hause lange brauchen würde, hielt sie also deren Tod für möglich und wahrscheinlich. Damit verstärkt die Behauptung, Zschäpe habe noch geklingelt, eher die Annahme eines Mordvorsatzes. Die Nebenklage stellte dies in wenigen Sätzen dar und löste damit bei Zschäpe sichtbare Reaktionen und Getuschel mit ihren Anwälten aus.

Die Bundesanwaltschaft nahm Stellung zum Verwertungswiderspruch der Verteidigung betreffend die 1998 in der Garage in Jena gefundenen Bomben der Gruppe, und erklärte, die Durchsuchung sei rechtmäßig gewesen, alle Ermittlungsergebnisse also verwertbar.

Schließlich nahm die Bundesanwaltschaft Stellung zu einem Beweisantrag der Nebenklage zu der anscheinend schon 2005 dem Verfassungsschutz übergebenen CD „NSU/NSDAP“ bezog. Die Annahme der Nebenklage, dass sich der Datenträger auf den NSU bezieht und damit 2005 die Existenz des NSU schon bekannt war, sei eine bloße Vermutung. Man führe intensive Ermittlungen, die durch eine Beweisaufnahme gefährdet würden. Bisher gehe man nicht von einem Zusammenhang zu den Angeklagten oder dem NSU aus. Diese Argumentation ist offensichtlich nicht haltbar und zeigt erneut, dass die Bundesanwaltschaft an einer Aufklärung der Taten des NSU weit weniger Interesse hat als am Verdecken behördlichen Versagens und dem Aufrechterhalten der These, der NSU habe aus drei Personen bestanden.