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16.01.2014

Erste Zeugen zum Polizistenmord in Heilbronn

Am heutigen Verhandlungstag begann die Beweisaufnahme zu dem NSU-Anschlag in Heilbronn am 25.04.2007, bei dem die Polizistin Michèle Kiesewetter getötet und ihr Kollege Martin Arnold schwer verletzt wurde.

Diese Tat war der letzte bekannte Mordanschlag des NSU und wirft vor allem deshalb viele Fragen auf. Bis heute ist nicht klar nachvollziehbar, warum die Gruppe von ihrem bisherigen Konzept der Ermordung migrantischer Kleingewerbetreibender abwich. Ebenso unklar ist, ob die Tatopfer gezielt ausgewählt wurden oder ob es zufällig genau diese beiden Polizeibeamten traf. Die ermordete Michèle Kiesewetter stammte immerhin aus der Region, aus der auch die jetzt bekannten Mitglieder des NSU kamen, und dürfte diese jedenfalls entfernt gekannt haben. Andererseits erfolgte der Anschlag an einem Ort, an dem die beiden zufällig und relativ unvorhersehbar eine Pause machten. Die Anklage geht daher von einer zufälligen Auswahl aus.

Die bisherige Ladungsliste des Gerichts lässt vermuten, dass nur eine wenig aufwändige Beweisaufnahme zu diesem Fall geplant ist. Für eine Verurteilung nach Anklage ist nämlich – so wohl auch das Kalkül der Anklage – keine Aufklärung der oben genannten Fragen notwendig: der Fund der den beiden Polizeibeamten abgenommenen Pistolen sowie der Handschellen bei den NSU-Mitgliedern, eine Jogginghose von Böhnhardt mit Blutspritzern der Tatopfer, die Anmietung eines Wohnmobiles, das in der Region festgestellt wurde, sowie die Bekennung im NSU-Video – für eine bloße Verurteilung bietet dieser Fall die beste Beweislage. Erneut muss das Gericht zeigen, ob es neben einer Verurteilung auch eine tatsächliche Aufklärung im Auge hat.

Heute ging es im Wesentlichen um den Tatort und die Auffindesituation der beiden Tatopfer. Der damals schwerst verletzte Martin Arnold schilderte die Folgen der Kopfverletzung und den Ablauf des Tages bis kurz vor dem Anschlag. An die Tatsituation habe er keinerlei Erinnerung, eine unter Hypnose durchgeführte Vernehmung habe ihm keine Erinnerung gebracht.

Am Ende der Verhandlung schloss sich noch die Verteidigung des Angeklagten Schulze dem Beweisantrag des Nebenklägeranwalts Hoffmann an, der in dieser Woche zu Auseinandersetzungen mit der Generalbundesanwaltschaft gesorgt hatte. Das Interesse an dem Handel Wohllebens mit Waffen und Zubehör zum Autodiebstahl hat sich damit verstärkt.