Erneut zum „Verfassungsschützer“ Andreas Temme, und zu ersten Versuchen der „Drei“ mit Rohrbomben
Der erste Zeuge war ein Sprengstoffspezialist des LKA Thüringen, der die Rohrbomben entschärft und untersucht hatte, die im Januar 1998 gefunden wurden – dieser Fund war damals Anlass für das Untertauchen von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt. Er schilderte, dass die Bombenbauer einigen Aufwand betrieben hatten, einmal auch Metallteile eingebaut hatten, um die Verletzungswirkung zu verstärken. Als Sprengstoff verwendeten sie neben Schwarzpulver auch TNT – das, wie andere Zeugen bereits ausgesagt haben, von Mitgliedern von „Blood and Honour“ Chemnitz kam. Die Bomben waren zwar nicht zündfähig – damals hatten „die Drei“ anscheinend noch keine ausreichenden Kenntnisse. Es war aber auch deutlich, dass es sich, anders als bei vorhergehenden öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Nazi-Szene, nicht um bloße Attrappen handelte, sondern um den Versuch, sprengfähige Bomben zu bauen.
Es wurde damit erneut klar, dass „die Drei“ bereits 1998 über Sprengstoffanschläge und insbesondere über die Verwendung von Nagelbomben nachdachten – eine solche Nagelbombe setzten sie dann, nach ersten Sprengstoffanschlägen in Nürnberg und Köln, 2004 in der Kölner Keupstraße ein. Es wurde aber auch erneut klar, dass die Polizei 1998 alles andere als mit Hochdruck ermittelte – der Bericht des Zeugen etwa stammt aus dem August 1998, fast sieben Monate nach dem Auffinden, und er hatte sich zunächst nicht einmal die Mühe gemacht, die Mengen an verwendetem TNT zu bestimmen.
Vor der weiteren Vernehmung des „Verfassungsschutz“-Mitarbeiters Temme stellte die Nebenklage Yozgat mehrere Beweisanträge. Temme hatte einer Kollegin am Vormittag des 10.04.2006 erzählt, der Mord an Halit Yozgat sei mit der Ceska 83 begangen worden und daher als Teil der Mordserie anzusehen. Die Nebenklage Yozgat benennt nun Zeugen und Presseartikel als Beweis dafür, dass Temme zu dieser Zeit weder von der Polizei noch aus der Presse von der Tatwaffe erfahren haben konnte.
Dann wurde Temme weiter befragt. Zu Gegenständen, die in seiner Wohnung gefunden wurden, darunter Schulungsunterlagen der SS, gab Temme an, die habe er als Jugendlicher aus Büchereibüchern abgetippt. Widersprüche aus seinen ersten polizeilichen Vernehmungen konnte – oder wollte – er nicht aufklären.
Es folgte die Befragung Temmes durch Ismail Yozgat, den Vater des ermordeten Halit Yozgat. Dieser machte einen letzten verzweifelten Versuch, Temme dazu zu bringen, seine Blockadehaltung aufzugeben, zeigte ihm noch einmal auf, dass es schlicht unmöglich ist, dass Temme damals Halit Yozgat nicht gesehen hat. Temme blieb unbeeindruckt und beharrte darauf, er habe damals nichts gesehen. Offensichtlich weiß er, dass ihm die Rückendeckung des Landesamtes gewiss ist.