21.10.2014

Generalbundesanwalt zaubert eine Vernehmung aus dem Nichts hervor – Zeugenbefragung unterbrochen

Die von der Nebenklage bereits mehrfach angeforderte Ermittlungsakte „gegen Unbekannt“ ist immer wieder für Überraschungen gut. In jenem Verfahren wird gegen weitere der Unterstützung des NSU verdächtige Personen ermittelt. Die Bundesanwaltschaft führt alle Ermittlungen, die den im Prozess beim Münchner OLG beteiligten Parteien nicht bekannt werden sollen, in diesem Verfahren und behauptet dann bei Nachfragen, sie seien für das Münchener Verfahren nicht relevant oder eine Akteneinsicht würde die Ermittlungen gefährden. In diesem Verfahren fanden sich schon in der Vergangenheit so interessante Dinge wie Vernehmungen des ehemaligen V-Mannes Michael See und des letzte Woche vernommenen Hammerskins Thomas Gerlach.

Und auch am heutigen Verhandlungstag wurde diese „Unbekannt“-Akte wieder interessant. Mitten in der Vernehmung der ehemaligen Freundin des Schweizers Müller, der die Mord-Ceska nach Deutschland geliefert haben soll, fragte Bundesanwalt Diemer den Vorsitzenden Götzl, ob er denn die Vernehmung der Zeugin vom 18.6.2014 nicht kenne. Die kannte Götzl nicht – sie war ja auch erst am Vormittag von Karlsruhe aus an die Vertreter der Bundesanwaltschaft in München geschickt worden. Daraufhin musste die Vernehmung der Zeugin unterbrochen werden, denn die Prozessbeteiligten müssen natürlich zunächst Gelegenheit haben, Kenntnis von dieser Vernehmung zu nehmen. Ein solcher Vorgang ist nicht nur wegen der Verzögerung des Prozesses relevant, die ja immer mal gerne den NebenklägervertreterInnen angehängt wird, wenn sie „zu viele“ Fragen stellen. Insbesondere stellt sich aber die Frage, wie viele andere möglicherweise wichtige Vernehmungen und Ermittlungen die BAW noch in dieser „Unbekannt“-Akte bunkert, um sie geheim zu halten und nur nach Bedarf herauszugeben.

Diese Frage wurde auch am Nachmittag nochmals relevant. Eine Baden-Württemberger LKA-Beamtin stellte ihre Ermittlungen dar. Ausgehend von der 1998 neben den Bomben in der Garage gefundenen Telefonliste hatte sie mit ihren KollegInnen die Kontakte des Trios nach Baden-Württemberg ermittelt und war auf zahlreiche ZeugInnen gestoßen, die vor allem vor dem Abtauchen der Drei häufig mit diesen zusammengetroffen waren. Unter anderem hatte, so die Zeugin, eine Folgevernehmung ergeben, dass das Trio auch noch 1999 und 2001 in Ludwigsburg war. Auch diese Vernehmung liegt den Prozessbeteiligten nicht vor. Ein Informant des Verfassungsschutzes habe zudem angegeben, dass Mundlos mit ihm über Banküberfälle gesprochen habe. Auch diese Vernehmung ist offensichtlich in der „Unbekannt“-Akte verschwunden, weil der Generalbundesanwalt sie für „nicht relevant“ hält.