23.10.2014

Zum Brand in der Frühlingsstraße

Heute war der ehemalige Verteidiger von Beate Zschäpe, an den sie sich am 8.11.2011 gewandt hatte, als Zeuge geladen. Zschäpe hatte ihn teilweise von seiner anwaltlichen Schweigepflicht entbunden, um über ihn zu beweisen, dass sie am 4.11.2011 bei ihrer Nachbarin in der Frühlingsstraße geklingelt hatte, damit diese durch das von Zschäpe gelegte Feuer nicht verletzt wird.

Wie bereits erwähnt, würde ein solches Klingeln allerdings ohnehin nicht gegen, sondern für einen Tötungsvorsatz Zschäpes sprechen: Denn damit hätte sie gerade gezeigt, dass sie davon ausging, dass ihre Nachbarin im Hause war und dass das Feuer diese in Lebensgefahr bringen würde. Dass Zschäpe mit der Nachbarin gesprochen und sie zum Verlassen des Hauses aufgefordert hätte, behauptet die Verteidigung nicht.

Für viel Diskussionen im Gerichtssaal sorgte das prozessuale Vorgehen der Verteidigung: die hatte den Ex-Verteidiger nur extrem eingeschränkt von seiner Schweigepflicht befreit – wie mehrere NebenklägervertreterInnen beanstandeten, lief die Erklärung letztlich darauf hinaus, dass der Zeuge nur die Beweisbehauptung der Verteidigung abnicken sollte und sonst nichts. Sämtliche Fragen anderer Beteiligter, auch solche, die im Zusammenhang mit dem behaupteten Gespräch standen, wurden von der Verteidigung beanstandet, noch bevor der Zeuge selbst entschieden hatte, ob er sich auf seine Schweigepflicht berufen wollte oder nicht. Das Gericht ließ die meisten dieser Fragen zu, der Zeuge antwortete relativ wortkarg.

Jedenfalls ging der Plan der Verteidigung auch inhaltlich nicht auf: denn es wurde klar, dass die Angaben von Zschäpe in dem Gespräch ohnehin wenig ergiebig waren – so war der Ex-Verteidiger etwa der Meinung, die alte Dame habe im selben Aufgang gewohnt wie Zschäpe und Zschäpe habe daher bei ihr an der Wohnungstür geklingelt. Tatsächlich hatte Zschäpe aber nur am Hauseingang geklingelt und keine Möglichkeit festzustellen, ob die damals bereits weit über 80jährige Frau ihr Klingeln überhaupt gehört hatte. Gleichzeitig ist über die Aussage des Zeugen aber auch eingeführt, dass Zschäpe ihm gegenüber mindestens implizit eingestanden hat, das Feuer in der Frühlingsstraße gelegt zu haben.

Am Ende ging es noch kurz um die Vernehmung des Neonazis und Ex-V-Mannes Sczepanski, der für den 4.11.2014 geladen ist. Dieser befindet sich im Zeugenschutz, das zuständige Innenministerium in Brandenburg stimmt einer Vernehmung nur zu, wenn diese per Videovernehmung, mit Verfremdung von Aussehen und Stimme des Zeugen und (!) unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus dem Sitzungssaal in München stattfindet. Begründet wird dies mit angeblichen Gefahren von Racheakten durch Neonazis für den „Verrat“ des Zeugen. Die Nebenklage machte deutlich, dass diese Gefahrprognose arg konstruiert ist – der Angeklagte Schultze etwa, der auch im Zeugenschutzprogramm ist, sitzt seit über 150 Tagen ohne besondere Schutzmaßnahmen in der Hauptverhandlung, ohne dass es irgendwelche wahrnehmbaren Gefährdungen gab oder auch nur ein Foto von ihm in der Öffentlichkeit erschien. Sie forderte das Gericht auf, beim Ministerium darauf zu drängen, dass der Zeuge in München aussagt.