07.03.2017

Das Gericht macht Druck. Und: Beweisantrag zum „Anschlag nach dem Anschlag“ in der Keupstraße.

Heute wurden zunächst Dokumente eingesehen und in Augenschein genommen: es ging zum einen, von der Verteidigung Wohlleben beantragt, um eine Pressemitteilung der NPD mit ethnopluralistische Phrasen. Zum anderen, und relevanter, wurde eine Liste von „Clips“, die aus der Fernsehserie Der rosarote Panther ausgeschnitten werden sollten, und eine ausführliche Anleitung zum Schneiden verlesen. Es spricht alles dafür, dass es sich hierbei um die „Clips“ handelt, deren Schneiden Zschäpe als Wetteinsatz für eine Wette angeboten hatte, und damit dafür, dass diese an der Erstellung des NSU-Bekennervideos beteiligt war.

Das Gericht lehnte dann erneut Beweisanträge- und anregungen ab – und zwar alle, die noch offen waren. Dabei machte es zum Teil deutlich, dass es jetzt einfach zum Schluss kommen will, egal mit welcher Begründung: so lehnte es etwa ab, beim Verfassungsschutz Hamburg Informationen zu den „Hetendorfer Tagungswochen“ des Hamburger Rechtsanwalts und Neonazis Jürgen Rieger einzuholen. Es begründete dies damit, dass diese Veranstaltung – die Zschäpe Zeugen zu Folge 1997 ohne Mundlos und Böhnhardt besucht hatte – für das Urteil irrelevant sei. Diese Begründung überrascht, nachdem das Gericht an mehreren Tagen Beweise zu der Tagungswoche erhoben hatte, zuletzt mit einem unergiebigen Zeugen vom Thüringer Verfassungsschutz zu genau dem Thema, zu dem seine Hamburger Kollegen mehr hätten mitteilen können (vgl. den Beitrag vom 16.02.2017).

Ebenfalls – mit nachvollziehbarerer Begründung – abgelehnt wurden die letzten Beweisanträge der Verteidigung Wohlleben. Das Gericht setzte dann allen Beteiligten eine Frist für weitere Beweisanträge – und zwar bis nächsten Dienstag, 14.03.2017. Diese kurze Frist kommt, gerade angesichts der zuletzt vorsichtig gesagt wenig beschleunigten Verfahrensführung des Gerichts, etwas überraschend.

Die Verteidigungen zogen sich dann für drei Stunden zur Beratung zurück, um sodann zu verkünden, dass sie weiteren Beratungsbedarf haben – die Verhandlung wird daher morgen um 13 Uhr fortgesetzt, dann möglicherweise mit einem weiteren Befangenheitsgesuch der Verteidigung Wohlleben. Wir berichten morgen weiter, auch mit einer näheren Einschätzung des Vorgehens des Gerichts.

Heute schon stellten die Anwält_innen mehrerer Nebenkläger_innen aus der Keupstraße einen Beweisantrag zu dem „Anschlag nach dem Anschlag“, also den jahrelangen Ermittlungen gegen die Keupstraßenbewohner_innen und den Verdächtigungen, denen sie in der Presse ausgesetzt waren – und das alles trotz eines objektiven Tatbildes, das eindeutig auf eine rassistische Motivation deutete. Der Antrag endet mit den Worten „Dieser „Anschlag nach dem Anschlag“ ist also nicht dem NSU, sondern dem Staat zuzurechnen.“ Wir dokumentieren ihn hier.