16.02.2017

Verteidigung Wohlleben will weitere Auseinandersetzung um Ideologie forcieren

Einziger Zeuge heute war ein ehemaliger Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Thüringen, der zum ideologischen Charakter der „Hetendorfer Tagungswoche“ auf dem Gelände des Hamburger Neonazis und Rechtsanwaltes Jürgen Rieger aussagen sollte. Polizeiberichten zu Folge hatte Beate Zschäpe diese Tagungswochen 1997 besucht – und zwar ohne Mundlos und Böhnhardt. Der Zeuge, der seit längerem nicht mehr beim Verfassungsschutz tätig ist, konnte sich indes an nichts mehr erinnern, seine Vernehmung war also insoweit unergiebig.

Die Verteidigung Wohlleben stellte erneut diverse Beweisanträge, mit denen sie beweisen will, dass Wohlleben nicht „ausländerfeindlich“ gewesen sei und ihm auch die rassistische Einstellung von Mundlos und Böhnhardt nicht bekannt gewesen sei. U.a. zitierte Verteidiger Nahrath ausführlich aus einem von Wohlleben verantworteten Flugblatt, in dem der „ethnopluralistische“ Phrasen drischt.
Das Gericht war bisher bei der Thematisierung der rassistischen Einstellung Wohllebens sehr zurückhaltend. Wenn die Anträge der Verteidigung das Gericht zwingen, dieser Frage näher nachzugehen, dann ist das aus Sicht der Nebenklage zu begrüßen. Eine genauere Betrachtung der von Wohlleben vertretenen Ideologie des „Ethnopluralismus“ im Zusammenspiel mit dessen völkisch-rassistischen „Volksbegriff“ wird ergeben, dass es sich dabei um eine „modernisierte“ Form des Rassismus handelt, bei der das Wort „Rasse“ gestrichen wird, die allerdings die gleichen mörderischen Konsequenzen nach sich zieht. Der Begriff wurde in den 1970er Jahren aus Kreisen der sog. „Neuen Rechten“ einerseits als Konsequenz auf die weitgehende Ausgrenzung klassischer nationalsozialistischer Positionen, andererseits als Weiterentwicklung nationalsozialistischer Europapläne entwickelt.