Schlagwort-Archive: Keupstraße

05.12.2017

Weitere Plädoyers der Nebenklage

Heute beendete zunächst Antonia von der Behrens ihr Plädoyer. Im ersten Teil letzte Woche hatte sie anhand einer überwältigenden Zahl von Einzeltatsachen ein Mosaik zusammengefügt, das die zwei zentralen Thesen ihres Plädoyers belegte: das NSU war von einem Netz von V-Leuten und anderen Informant_innen von Verfassungsschutz- und anderen Behörden umgeben, und der Inlandsgeheimdienst hatte zahlreiche Informationen über die NSU-Mitglieder und deren Aufenthaltsort, hat aber mehrmals unterlassen, diese Informationen weiterzuleiten, hat so die Festnahme von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe verhindert und letztlich weitere Morde ermöglicht.

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07.03.2017

Das Gericht macht Druck. Und: Beweisantrag zum „Anschlag nach dem Anschlag“ in der Keupstraße.

Heute wurden zunächst Dokumente eingesehen und in Augenschein genommen: es ging zum einen, von der Verteidigung Wohlleben beantragt, um eine Pressemitteilung der NPD mit ethnopluralistische Phrasen. Zum anderen, und relevanter, wurde eine Liste von „Clips“, die aus der Fernsehserie Der rosarote Panther ausgeschnitten werden sollten, und eine ausführliche Anleitung zum Schneiden verlesen. Es spricht alles dafür, dass es sich hierbei um die „Clips“ handelt, deren Schneiden Zschäpe als Wetteinsatz für eine Wette angeboten hatte, und damit dafür, dass diese an der Erstellung des NSU-Bekennervideos beteiligt war.

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31.05.2016

Zum Urlaub von Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos nach dem Keupstraßen-Anschlag

Heute sagten drei Zeugen aus zu dem Urlaub, den Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos im Sommer 2004, wenige Wochen nach dem Nagelbombenanschlag in der Keupstraße in Köln, in Norddeutschland verbrachten. Beate Zschäpe hatte behauptet, nach dem Anschlag sei die Stimmung zwischen ihr und den Männern eisig geworden – in der Frühlingsstraße gefundene Bilder des Urlaubs zeigen dagegen eine entspannt-fröhliche Stimmung aller Drei. Heute wurden – sozusagen zur Abrundung der Beweisaufnahme hierzu – ein Campingplatzbetreiber und zwei Polizeibeamte vernommen, die Unterlagen ausgewertet hatten.

17.03.2016

Zschäpes Einlassung zerfällt, Verteidigung Wohlleben blockiert und der Senat geht in Ferien

Zunächst wurden heute zwei weitere Zeugen zu Raubüberfällen des NSU befragt. Das übliche Prozedere solcher Befragungen wurde durchbrochen, als der erste Zeuge am Ende erklärte, eine offizielle Entschuldigung für alle Pannen bei den Ermittlungen wäre auch gegenüber den überlebenden Opfern angebracht. Er als Geschädigter eines Banküberfalles habe bislang keinerlei Rückmeldung erhalten. Zschäpe-Verteidiger Heer und Stahl empörten sich und intervenierten beim Vorsitzenden, er möge den Zeugen unterbrechen. Weiterlesen

29.09.2015

Gericht lehnt zahlreiche Beweisanträge ab

Heute ging es zunächst noch einmal um den Nagelbombenanschlag in der Keupstraße – eine Nebenklägerin ist bisher nicht zur Zeugenvernehmung erschienen, ihr Rechtsanwalt teilte mit, sie liege in der Türkei im Krankenhaus. Auch der Sohn einer Freundin der Nebenklägerin, der nähere Informationen zu ihr machen sollte, war wegen einer akuten Erkrankung entschuldigt. Ein Arzt aus einem Kölner Krankenhaus konnte sich nur vage erinnern – er berichtete von der Behandlung einer Patientin mit diversen Schnittwunden, die sei noch am selben Abend entlassen worden und auch später nicht mehr vorstellig geworden.

Sodann erstattete der medizinische Sachverständige sein Gutachten zur Gefährdung des damals 16-jährigen jungen Mannes, auf den bei dem Überfall auf den Edeka-Markt im Dezember 1998 geschossen worden war. Weiterlesen

26.03.2015

Mehr zur Keupstraße, und Beginn der Beweisaufnahme zu den Banküberfällen in Stralsund

Am letzten Tag vor den Osterferien wurde zunächst ein weiterer Geschädigter aus der Keupstraße vernommen – die anderen beiden Geschädigten waren krank bzw. verhindert.
Der heute gehörte Zeuge war Inhaber eines Reisebüros in der Keupstraße. Zum Zeitpunkt der Explosion stand er gerade einige Meter weiter auf dem Gehweg, wurde körperlich „nur“ am Ohr verletzt. Seine Kinder, die im Reisebüro waren, hatten das große Glück, dass ein Transporter auf der Straße stand, der sehr viele Nägel abfing, die sonst das Reisebüro getroffen hätten. Die wirtschaftlichen Folgen – ausbleibende Kundinnen und Kunden in der Keupstraße – waren so schwerwiegend, dass er sein Reisebüro einige Jahre später zumachen musste.

Das Gericht begann dann mit der Beweisaufnahme zu den Raubüberfällen auf eine Sparkasse in Stralsund im November 2006 und Januar 2007. Allerdings waren mehrere der zunächst geladenen Zeuginnen und Zeugen krank, so dass zunächst nur zwei Angestellte befragt werden konnten. Weiterlesen

12.03.2015

Erneut zur Keupstraße, und zur ideologischen Entwicklung von Uwe Mundlos

Heute sagte ein weiterer Geschädigter der Nagelbombe von 09.06.2004 in der Kölner Keupstraße aus. Er arbeitete in dem Friseursalon, vor dem das Fahrrad mit der Bombe abgestellt wurde, und erlitt durch die Explosion diverse Wunden am Kopf, am Arm und am Bein sowie eine Schädigung des Gehörs – schwerere Verletzungen blieben ihm erspart, weil jemand zwischen ihm und der Bombe stand. Er leidet bis heute an psychischen Folgen, wird immer wieder an die Bombenexplosion erinnert, wenn z.B. eine Tür laut zuknallt. Auch er machte deutlich, dass er von den deutschen Behörden keinerlei Unterstützung erhielt, um mit den Folgen des Attentates zurechtzukommen.

Es folgte ein Zeuge, der mit Uwe Mundlos zur Schule ging, mit ihm gut befreundet war und Mundlos‘ Entwicklung hin zum offenen Nazi miterlebte: Der hörte statt früher Udo Lindenberg nun die „Böhsen Onkelz“ und anderen Rechtsrock, etwa den „Kanakensong“ (Textauszug: „Steckt sie in den Kerker oder steckt sie ins KZ, von mir aus in die Wüste, aber schickt sie endlich weg. Tötet ihre Kinder, schändet ihre Frauen, vernichtet ihre Rasse und lehrt sie so das Grauen“), kleidete sich szenetypisch mit Bomberjacke und Springerstiefeln, später in Kleidung, die den Zeugen an eine SS-Uniform erinnerte. Ab der 7./8. Klasse begann er, sich offen positiv Weiterlesen

12.02.2015 – 23.2.2015 Verhandlungspause

Antrag auf Widerruf der Zulassung der Nebenklage von S. und der Beiordnung von Rechtsanwalt Alexander Hoffmann zurückgewiesen

Mit Beschluss vom 12. Februar 2015 hat das Oberlandesgericht München erwartungsgemäß  den Antrag der Verteidigung Zschäpe, die Nebenklagebefugnis einer Nebenklägerin zu widerrufen, zurückgewiesen. Rechtsanwalt Alexander Hoffmann bleibt also im Verfahren.

Diese Entscheidung war nicht anders zu erwarten, der Antrag der Verteidigung Zschäpe von vornherein als reines Ablenkungsmanöver zu erkennen. Die Verteidigung Zschäpe versuchte mit diesem Antrag einerseits, einen unangenehmen Nebenklagevertreter aus dem Prozess auszuschließen. Vor allem ging es aber darum, nur wenige schwerverletzte Personen als wirkliche Tatopfer zu akzeptieren und damit die mörderische Dimension des Nagelbombenanschlages in der Kölner Keupstraße zu verschleiern. Durch die Behauptung , dass eine Person, die sich während der Bombenanschlages in unmittelbarer Nähe der Bombe aufhielt und nur durch Zufall nicht Bombensplittern ausgesetzt war, keine Geschädigte der Bombe ist, sollte  in den Hintergrund treten, dass dieser Anschlag sich gegen alle BewohnerInnen der Keupstraße richtete.

Der Senat führt zur Begründung schlicht aus, bei Zulassung der Nebenklage davon ausgegangen zu sein, dass sich die Nebenklägerin im Gefährdungsbereich der Nagelbombe befunden habe und damit eine Verurteilung der Angeklagten Zschäpe möglich sei. Ob die Beweisaufnahme im Prozess dies nachweise – für die Behauptung, sie tue dies nicht, hatte die Verteidigung Zschäpe Seiten über Seiten vollgeschrieben – , sei für die Entscheidung ohne jeden Belang.

11.02.2015

Zur Gefährlichkeit der Nagelbombe in der Keupstraße und dem bislang dreistesten Nazi-Zeugen.

Heute war zunächst Bernd Tödter geladen, Führer des „Sturm 18“ aus Kassel und gerade vor wenigen Tagen aus der Untersuchungshaft entlassen, nachdem er wegen Gewaltdelikten zu 2 1/2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Tödter erschien im klassischen Nazi-Skinhead-Outfit der 90er mit Glatze, Bomberjacke und „Sturm 18“-Shirt.

Er hatte bei einer seiner vorherigen Haftstrafen der Polizei gesagt, er könne Angaben machen zu einem Treffen mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Jahr 2006, kurz vor dem Mord an Halit Yozgat in Kassel. Heute wollte Tödter hiervon nichts mehr wissen – und schaffte es, so dreist wie kein Zeuge vor ihm, Aussageverweigerung und Falschaussage miteinander zu verbinden: Zunächst meinte er, er wolle keine Angaben machen, um sich selbst nicht der Gefahr der Strafverfolgung auszusetzen. Nachdem ihn der Vorsitzende Richter Götzl darauf hinwies, dass ihm kein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht, meinte er „Dann kann ich mich an nichts erinnern.“ Der Vorsitzende versuchte geduldig, den Zeugen zu den Inhalten seiner Gespräche mit der Polizei zu befragen, aber der blieb bei seiner Blockade. Weiterlesen

10.02.2015

Zum Antrag der Verteidigung Zschäpe und einem weiteren Zeugen mit Erinnerungsproblemen

Heute sagte zunächst ein weiterer Betroffener des Nagelbombenanschlags in der Keupstraße aus. Er war Kunde in dem Friseursalon, vor dem die Bombe explodierte. Er selbst blieb wie durch ein Wunder unverletzt, seine Freundin, die ihn begleitete, erlitt Schnittwunden, Verbrennungen und Verletzungen am Trommelfell und litt auch erheblich an psychischen Folgen: „In den Tagen danach ist sie schon zusammengezuckt, wenn nur das Telefon klingelte.“ Diese Zeugin ist für einen späteren Zeitpunkt geladen.

Es folgten Stellungnahmen zum Antrag der Verteidigung aus der letzten Woche, der Mandantin von Rechtsanwalt Hoffmann die Nebenklagebefugnis zu entziehen. Die Generalbundesanwaltschaft meinte, sie sei zwar nicht Geschädigte eines versuchten Mordes, aber jedenfalls einer versuchten gefährlichen Körperverletzung und daher weiterhin nebenklageberechtigt. Rechtsanwalt Hoffmann machte noch einmal deutlich, dass der Antrag rechtlich keinerlei Aussicht auf Erfolg haben kann, was den Eindruck erweckt, dass er vor allem der Stimmungsmache dient. Seine Stellungnahme schloss wie folgt: Weiterlesen