Schlagwort-Archive: Plädoyer

21.06.2018 vormittags

Rechtsanwältin Sturm zum Terrorismus-Begriff: juristisch blödsinnig, politisch perfide.

Heute Vormittag plädierte Rechtsanwältin Sturm zur Strafbarkeit Beate Zschäpes wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Sturm behauptete, der NSU könne keine terroristische Vereinigung im Sinne des § 129a StGB gewesen sein, und begründete dies zum einen rechtlich mit einem europarechtlichen Argument, das sich als schlichter Blödsinn darstellt, und politisch in einer Art und Weise, die im Ergebnis rassistische Terrorangriffe per Definition als nicht-terroristisch einstuft. Im Einzelnen:

Der NSU könne keine terroristische Vereinigung im Sinne des § 129a StGB gewesen sein. Dies ergebe sich daraus, dass seine Taten keine spezifische terroristische Zielsetzung – etwa der Einschüchterung der (Gesamt-)Bevölkerung – dienten. Weiterlesen

20.06.2018

Plädoyer Sturm immer noch nicht beendet. Und: ein Wetterumschwung kündigt sich an.

Man hätte meinen können, der dritte und vorletzte Teil des Plädoyers von Rechtsanwältin Sturm – zur Frage der Strafbarkeit von Beate Zschäpe wegen Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung – hätte kurz ausfallen können, basiert er doch ganz maßgeblich auf ihren langwierigen Ausführungen zur Beweiswürdigung: Weil Beate Zschäpe nicht gleichberechtigt mit Böhnhardt und Mundlos an den Taten beteiligt war, sondern nur die kinderliebe Mitbewohnerin, scheidet sie als Mitglied aus; weil eine Vereinigung rechtlich aus mindestens drei Personen bestehen muss, war der NSU gar keine Vereinigung im Rechtssinne, so der vorhersehbare Gang ihres Arguments.

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12.06.2018

Plädoyer von RA Stahl zur Frage der Mittäterschaft

Heute plädierte Zschäpe-Verteidiger Stahl zur Frage der Mittäterschaft Zschäpes an den Morden, Sprengstoffanschlägen und Raubüberfällen des NSU. Wie bereits letzte Woche von seinem Kollegen Heer angekündigt, beantragte er hinsichtlich all dieser Taten einen Freispruch.

Stahl kündigte zwar eingangs an, die Verteidigung sei sich hinsichtlich des festgestellten Sachverhalts mit der Bundesanwaltschaft weitgehend einig, es gehe nur um dessen rechtliche Würdigung. Tatsächlich aber schwankte sein Plädoyer hin und her zwischen einer rechtlichen Würdigung des auch von der Bundesanwaltschaft zu Grunde gelegten Sachverhalts – der, so die These Stahls, keine Mittäterschaft begründe – und einem Versuch, genau diesen Sachverhalt anzugreifen und die Selbstdarstellung Zschäpes als jemand, die mehr oder weniger ungewollt mit Böhnhardt und Mundlos in den Untergrund gegangen war und mit den eigentlichen Taten gar nichts zu tun hatte, zu verteidigen. Weiterlesen

07.06.2018

RA Heer beendet Plädoyer zur Brandstiftung in der Frühlingsstraße

Rechtsanwalt Heer setzte heute seine langatmigen Ausführungen zur Frage der Strafbarkeit Zschäpes wegen Brandstiftung und versuchten Mordes an der älteren Dame in der Nachbarwohnung und den beiden Handwerker, die Bauarbeiten im Haus ausführten, fort. Vormittags setzte er sich weiter mit den einzelnen Beweismitteln auseinander, kam dann am Nachmittag zur juristischen Bewertung.

War es schon bei den pseudo-genauen und langatmigen Ausführungen zur Beweiswürdigung äußerst ermüdend, Heer zuzuhören, so steigerte sich dies bei den Ausführungen zur rechtlichen Bewertung noch: Weiterlesen

05.06.2018

Plädoyer von RA Heer: Warum Beate Zschäpe kein verwertbares Geständnis ablegen kann

Das Gericht verlas zu Beginn des heutigen Verhandlungstages noch zwei Dokumente und nahm ein Propaganda-Video von der Festplatte des Ralf Wohlleben in Augenschein; Anträge der Verteidigung Wohlleben auf Ladung von Zeug_innen lehnte es erneut ab. Überraschenderweise reagierten die nicht wie üblich mit Unterbrechungs- und dann Befangenheitsanträgen, sondern gar nicht.

So konnte am späten Vormittag das Plädoyer der „Altverteidiger_innen“ Zschäpes beginnen. Rechtsanwalt Heer begann und kündigte an, man werde insgesamt mindestens die gesamte Prozesswoche für das Plädoyer brauchen. Bereits zu Beginn stellte Heer die Anträge der „Altverteidiger_innen“: Weiterlesen

17.05.2018

Plädoyer von RA Nahrath: schrecklicher Verdacht: War Hitler gar kein Antisemit?

Nachdem Rechtsanwalt Klemke sein Plädoyer heute beendet hatte, war als letzter der Wohlleben-Verteidiger Rechtsanwalt Nahrath an der Reihe. Viele hatten erwartet, dass Nahrath, immerhin der letzte Bundes-Führer der Wiking-Jugend, zum Abschluss der Verteidigungsplädoyers nochmal das ganz große Nazi-Feuerwerk abfeuern würde. Auch er selbst warnte vor dem zweiten Teil seines Plädoyers in einem Anflug von Klemke-artigem „Humor“, es sei „Betroffenen und Leidenden angeraten, lieber ihren nächsten Gutmenschen oder örtlichen Politkommissar aufzusuchen.“

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16.05.2018

Fortsetzung des Plädoyers der Verteidigung Wohlleben

Zur heutigen Fortsetzung des Plädoyers von Wohlleben-Verteidiger Klemke gibt es wenig zu sagen, was wir nicht gestern schon gesagt hätten. Auch Klemke versuchte sich darin, den Volkstod-Antrag der Verteidigung zu verteidigen – abgesehen von Anflügen von Klemke-„Humor“ wie der Aussage, er würde den Antrag gerne noch einmal vortragen, um zu sehen, wie Nebenklagevertreter aus dem Saal „migrieren“ – sehr lustig, weil dann wären die ja Migranten! – , enthielt aber auch dieser Ausflug nichts Neues.

Einzig erwähnenswert erscheint die – allerdings für seine Verhältnisse geradezu subtil vorgetragene – Schwulenfeindlichkeit Klemkes, die sich vor allem in der verachtungsvollen Betonung zeigte, wenn er von Carsten Schultze’s „schöne[m] neuen Leben“ sprach, in dem dieser „seine homosexuellen Neigungen ungehemmt ausleben konnte.“ Weiterlesen

15.05.2018

Plädoyer der Verteidigung Wohlleben: Hetzen und Jammern

Wenn allgemein gilt, dass die Außendarstellung extrem rechter Ideologie immer zwei Kernbestandteile hat, nämlich Hetzen und Jammern, dann war beim Plädoyer der Verteidigung von Ralf Wohlleben heute Rechtsanwältin Schneiders für letzteres, Rechtsanwalt Klemke für ersteres zuständig.

Für Schneiders ist ihr Mandant vor allem ein Opfer: Opfer der Presse, die ihn eh massiv vorverurteilt habe, Opfer des „Teils der Nebenklage“, der „Szenevoyeurismus“ betrieben habe, Opfer des voreingenommenen Gerichts, das ihn um jeden Preis verurteilen wolle, weil Politik und Medien das so erwarteten. Ihr Plädoyer bestand aus einer wirren Mischung an Kritik an der Verhandlungsführung des Gerichts, Darstellung von Beweisanträgen der Verteidigung Wohlleben zu inhaltlichen Fragen, und kruden Verschwörungstheorien. Schneiders endete mit einem Antrag auf Freispruch und mit der Warnung an die Mitglieder des Gerichts, sie müssten ihr Urteil „eines Tages vor dem Richterstuhl des Ewigen verantworten“ – eine kleine Hommage an das Plädoyer des Hitler-Stellvertreters Hess im Nürnberger Prozess, die dieses Nazi-Plädoyer zu einem passenden Abschluss brachte.

Klemke – als einziger der drei Wohlleben-VerteidigerInnen nicht zuvor selbst in einer neonazistischen Organisation aktiv und daher wohl mit Nachholbedarf – begann sein Plädoyer mit einem Ausfall, der selbst beim Höcke-„Flügel“ der AfD für Aufsehen gesorgt hätte. Er faselte von „rot-grün durchsetzten“ Medien und einer „Lobby der sog. Migranten“, die einen „Schuldkult“ betrieben, durch den das deutsche Volk dazu gebracht werden solle, sich in den „Untergang als Abstammungs-, Kultur- und Schicksalsgemeinschaft“ zu fügen und diesen auch noch zu finanzieren. Klassische Umvolkungs- bzw. Volkstod-Ideologie also, wie sie sich auch im Bekenner-Video des NSU findet. Klemke verlegte sich im heutigen ersten Teil seines Plädoyers dann vor allem auf einen Angriff auf die Beweiswürdigung der Bundesanwaltschaft zur Lieferkette der Ceska-Serie. Sein Plädoyer wurde gegen Nachmittag unterbrochen, weil Wohlleben über Kopfschmerzen klagte.

Wenig überraschend richtet sich das Plädoyer der Verteidigung Wohlleben, bei aller im Einzelnen vorgetragenen Kritik an der Beweiswürdigung der Bundesanwaltschaft und trotz einiger darin enthaltener Beweisanträge, eindeutig nicht an das Gericht, sondern vor allem an die Szene draußen. Insofern störte es die VerteidigerInnen auch wenig, dass sie sich sogar in ihrer Hetze selbst widersprachen – wenn sich etwa Schneiders gegen die empörten Reaktionen auf den Volkstod-Antrag der Verteidigung verwahrte und meinte, das seien Unterstellungen – und wenig später Klemke dieselben Thesen wieder drosch. Oder wenn Schneiders einerseits die bösen Nebenklagevertreter_innen angriff, die den Prozess politisiert hätten, aber andererseits versuchte, sich an zahlreiche Beweisanträge aus der Nebenklage, etwa zum Aktenschreddern beim Verfassungsschutz, anzuhängen und sich gar als Fürsprecherin für die berechtigten Interessen der Nebenkläger_innen, die Rolle des Staates aufgeklärt zu sehen, aufzuspielen

Seinen Zweck, diejenigen, die Wohlleben gerne für ein unschuldiges Opfer der „links-grün versifften“ Medien und Justiz halten wollen, von eben dieser Behauptung zu überzeugen, wird das Plädoyer erfüllen. Mehr muss dazu nicht gesagt werden. Morgen wird erneut Rechtsanwalt Klemke vortragen, dann abschließend Rechtsanwalt Nahrath.

09.05.2018

Plädoyer der Verteidigung Gerlach: ganz gut gemacht, aber vom eigenen Mandanten widerlegt

Heute hielt die Verteidigung Gerlach ihr Plädoyer. Und wenn auch dieses Plädoyer im Ergebnis nicht überzeugen kann und Gerlach nicht vor der verdienten Verurteilung retten wird, kann man jedenfalls zu den Ausführungen von Rechtsanwalt Hachmeister sagen: das war jedenfalls mal ein Plädoyer. Auch Gerlachs Verteidiger griffen „politische Kreise an“, die das Verfahren für politische Zwecke nutzen wollten, und vertraten abwegige Thesen wie die, vor den 2000ern habe man sich doch nie mit rechtem Terror auseinandersetzen müssen. Aber sie unternahmen immerhin auch einen wirklichen Versuch, das Gericht zu überzeugen, setzten sich tatsächlich in einiger Tiefe mit den von der Bundesanwaltschaft vorgebrachten Indizien auseinander. Weiterlesen

02.05.2018

Plädoyer der Verteidigung Carsten Schultze: „Meine Gewalt war nur ein stummer Schrei nach Liebe“.

Das Plädoyer der Verteidigung des Carsten Schultze war mit einiger Spannung erwartet worden: immerhin ist er derjenige Angeklagte, der sich sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in der Hauptverhandlung am stärksten, und als einziger glaubhaft, bemüht hat, einen Beitrag zu Aufklärung der Taten des NSU zu leisten. Dadurch wurde er einerseits zum Hauptangriffsziel der Verteidigung Wohlleben, weil er diesen massiv belastete, ihm gelang es aber damit auch andererseits, dass mehrere Nebenkläger_innen direkt oder durch ihre Anwält_innen erklärten, dass sie seine Entschuldigung annehmen und eine Bewährungsstrafe für ihn akzeptieren könnten.

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