Gericht lehnt zahlreiche Beweisanträge ab
Heute ging es zunächst noch einmal um den Nagelbombenanschlag in der Keupstraße – eine Nebenklägerin ist bisher nicht zur Zeugenvernehmung erschienen, ihr Rechtsanwalt teilte mit, sie liege in der Türkei im Krankenhaus. Auch der Sohn einer Freundin der Nebenklägerin, der nähere Informationen zu ihr machen sollte, war wegen einer akuten Erkrankung entschuldigt. Ein Arzt aus einem Kölner Krankenhaus konnte sich nur vage erinnern – er berichtete von der Behandlung einer Patientin mit diversen Schnittwunden, die sei noch am selben Abend entlassen worden und auch später nicht mehr vorstellig geworden.
Sodann erstattete der medizinische Sachverständige sein Gutachten zur Gefährdung des damals 16-jährigen jungen Mannes, auf den bei dem Überfall auf den Edeka-Markt im Dezember 1998 geschossen worden war. Das verwendete Kaliber – 6.35 mm Browning – sei zwar ein relativ kleines Pistolenkaliber, aber bei Treffern an Kopf, Hals, Brust oder bestimmten anderen Körperbereichen könne „ohne weiteres mit tödlichen Verletzungen gerechnet werden.“ Aus dem Gutachten ergab sich auch, dass alle Angaben des Zeugen zum Geschehen (Lautstärke der Schussabgabe, Größe der Pistole usw.) nachvollziehbar sind. Damit ist die Anklage der Generalbundesanwaltschaft, die die Tat als versuchten Mord qualifiziert hat, auch aus rechtsmedizinischer Sicht bestätigt.
Offensichtlich im Bemühen, am heutigen Verhandlungstag Aktivität zu entfalten, verlas der Vorsitzende danach zahlreiche Beschlüsse, mit denen Anträge der Verteidigung, aber vor allem der Nebenklage aus den Jahren 2013 und 2014 abgelehnt wurden. Unter anderem wurden die Nebenklageanträge auf Beweiserhebung zur Bildung einer bewaffneten Combat 18-Gruppe im Bereich Dortmund mit Kontakten u.a. nach Kassel sowie auf Vernehmung eines Neonazis, der vor dem Abtauchen gemeinsam mit Uwe Mundlos eine Asylbewerberunterkunft ausgespäht hatte, abgelehnt.
Diese Beschlüsse zeigen, dass das Gericht eine weitere Aufklärung von Unterstützernetzwerken über Blood and Honour Sachsen hinaus nicht vornehmen will und auch die ideologische Prägung der Angeklagten und ihres Umfeldes für ausreichend belegt hält. Es bleibt abzuwarten, ob das Gericht diese Linie – die sich bei der Beanstandung von Fragen bereits angekündigt hatte – nunmehr straff durchziehen wird. Bislang ist es oftmals nicht der Schlussstrichpolitik der Generalbundesanwaltschaft gefolgt. Es wird sich zeigen, ob die heutigen Entscheidungen nun, in der Hoffnung damit schneller zu einer Beendigung des Verfahrens zu kommen, eine Trendwende darstellen.