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31.05.2016

Zum Urlaub von Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos nach dem Keupstraßen-Anschlag

Heute sagten drei Zeugen aus zu dem Urlaub, den Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos im Sommer 2004, wenige Wochen nach dem Nagelbombenanschlag in der Keupstraße in Köln, in Norddeutschland verbrachten. Beate Zschäpe hatte behauptet, nach dem Anschlag sei die Stimmung zwischen ihr und den Männern eisig geworden – in der Frühlingsstraße gefundene Bilder des Urlaubs zeigen dagegen eine entspannt-fröhliche Stimmung aller Drei. Heute wurden – sozusagen zur Abrundung der Beweisaufnahme hierzu – ein Campingplatzbetreiber und zwei Polizeibeamte vernommen, die Unterlagen ausgewertet hatten.

22.07.2014

„Wir haben selten oder nie so nette Menschen kennengelernt, für uns war es undenkbar, dass die einer Ameise etwas zu leide hätten tun können…“

Nach der Ablehnung des Antrages der Angeklagten Zschäpe auf Entpflichtung ihrer VerteidigerInnen wurden zwei junge Frauen befragt, die mit ihren Familien 2007 bis 2011 ihre Sommerurlaube an der Ostsee gemeinsam mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt verbracht hatten. Beide Frauen schilderten übereinstimmend, wie freundlich, nett und hilfsbereit die Drei in diesen Urlauben waren. Die Familien und ihre „Ossis“ hätten sich zu einer engen Urlaubsgemeinschaft entwickelt. Auch über das Jahr kam es zu Besuchen, die „Drei“ hätten beispielsweise Pakete mit Ostprodukten als Geschenke vorbeigebracht.

Für die jungen Frauen hatte „Lieschen“ Zschäpe eine besondere Rolle, da sie sich mit ihr besser als mit ihren Eltern über persönliche Dinge hätten unterhalten können. Daran habe auch die antifaschistische Grundeinstellung einer der beiden, die sich auch in einem Antifa-Aufnäher auf ihrer Tasche ausdrückte, nichts geändert. Beide Frauen zeigten sich erschüttert und teilweise verzweifelt darüber, dass die drei Personen, die sie in ihr Herz geschlossen hatten, solche Verbrechen begangen haben. Ihre Wut über diesen Vertrauensbruch formulierte eine der beiden wie folgt: „Ich kann es bis heute nicht verstehen, ich habe denen zu 100% vertraut und ich habe bemerkt, dass sie mich von vorne bis hinten belogen haben, ich habe mich gefragt, mochten sie mich wirklich, oder haben sie mich auch da nur verarscht.“

Es wird nicht nur deutlich, dass die Drei über die Jahre eine perfekte Tarnung entwickelt hatten. Klar ist auch, dass sie ein Bedürfnis nach persönlicher Nähe zu „normalen Menschen“ hatten. Am spannendsten ist aber, dass die völkisch-rassistische Ideologie, die zu den Morden des NSU führte, es den NSU-Mitgliedern gleichzeitig ermöglichte, ein gutes Verhältnis zu anderen „Deutschen“ zu entwickeln, selbst wenn diese Nazis ablehnten. In der Mitte der „Volksgemeinschaft“ verhielt man sich, wie schon die historischen Naziverbrecher, durchaus anständig und liebenswert-freundlich, die mörderische Wut und der Hass waren rassistisch motiviert. Hier waren also keine durchgedrehten Mordmaschinen am Werk, sondern politisch motivierte Nazis und Rassisten.

9.-11.12.2013

Die Verhandlungswoche hat praktisch keine für das Verfahren erheblichen Ergebnisse erbracht.

Eine Polizeibeamtin berichtete über ihre Ermittlungen zu Zschäpes Aufenthalt zwischen dem Verlassen des brennenden Hauses in der Frühlingsstraße und ihrer Selbststellung bei der Polizei. Die Details dieser Tour werden noch detailliert über direkte Zeugen eingeführt werden.

Beachtenswert war allenfalls die Vernehmung einer Nachbarin aus der Zwickauer Polenzstraße und ihres Sohnes. Die Zeugin hatte in Zschäpe offensichtlich eine Freundin gefunden, die bereit war, sich ihre Sorgen anzuhören, und die auch nach dem Auszug aus der Polenzstraße regelmäßig zu Besuch kam. Zschäpe hatte diese Zeugin nicht nur als verständige Zuhörerin, sondern auch finanziell unterstützt und z.B. für sie eingekauft. Die Zeugin hatte noch bei der Polizei ihr Entsetzen darüber ausgedrückt, dass an diesem Geld ja „Blut dranhing“. In der Hauptverhandlung war hiervon nicht mehr die Rede. Vielmehr entstand eine Stimmung, in der beinahe schon eine Solidarisierung der Zeugin mit ihrer ehemaligen Freundin spürbar war.

Der Sohn der Zeugin konnte weniger über das tägliche Zusammenleben mit Zschäpe berichten, behauptete aber, wie auch seine Mutter, Zschäpe habe ihn einmal davor gewarnt, in die rechte Szene abzudriften. Allerdings wichen seine Darstellungen dieser Szene und die seine Mutter in zentralen Punkten so eindeutig voneinander ab, dass sich die Vermutung aufdrängt, dass hier Mutter und Sohn ihre gemeinsame Bekannte und Freundin Zschäpe in ein positives Licht rücken wollten.

Dies gilt umso mehr, als sich schnell herausstellte, dass der Sohn trotz seiner Beteuerung, er habe mit „rechter Politik“ nichts zu tun, ideologisch eng in neonazistischen Vorstellungen verwurzelt ist und insoweit ein Motiv hätte, Zschäpe zu helfen. Nachdem ihm ein Interview, das er anonym gegeben hatte, vorgehalten wurde, gab er an: Asylbewerber, die „nicht arbeiten“ „hasse ich ganz ehrlich“. Die Forderung nach Entschädigung von Opfern des NSU „finde ich absolut asozial. Es gibt andere Menschen, die Schlimmeres erlebet haben. … Die kriegen auch keine Entschädigung.“ Auf Vorhalt der Nebenklage gab er auch zu, bei Facebook die Kampagne gegen eine Asylbewerberunterkunft in Schneeberg und die Rechtsrock-Band Endstufe zu bewerben. Gefragt, was ihn von einem „Rechten“ unterscheide, meinte er, ein „Rechter“ trage seine Meinung äußerlich frei zur Schau, er selbst halte damit hinterm Berg. Nach dieser Definition dürften viele der rechten Zeugen aus diesem Verfahren, zumindest bei ihrer Aussage vor Gericht, als „unpolitisch“ einzustufen sein.

Die Befragung von weiteren Urlaubsbekanntschaften des „Trios“ bestätigte das bekannte Bild: im relativ kostspieligen Urlaub unter Deutschen waren die drei kinderliebe, fürsorgliche Wohnwagennachbarn, mit denen man eine schöne Zeit verbringen konnte. Beate Zschäpe war die Mütterliche, die „ihre Männer“ umsorgte und die gemeinsame Kasse verwaltete.