29.03.2017

Die nächste Runde im Befangenheitstango

Die Befangenheitsgesuche vom 8. und 9. März sowie den Folgewochen waren sämtlich erfolglos. Dabei stellte das Gericht zu den nachgeschobenen Befangenheitsgesuchen der Verteidigung Zschäpe aus den letzten beiden Wochen fest, diese seien zurückgenommen worden. Hintergrund ist ein Schriftwechsel, der zeigt, dass der kurze Moment der Zusammenarbeit innerhalb der Verteidigung Zschäpe wieder beendet ist: den Beginn machte Zschäpe selbst mit einem Schreiben an den Vorsitzenden, in dem sie behauptete, zu den letzten Befangenheitsgesuchen, die Verteidiger_innen Heer, Stahl und Sturm in ihrem Namen gestellt hatten, sei sie nie befragt worden, die wolle sie nicht. Heer, Stahl und Sturm antworteten in einem langen Schriftsatz, Rechtsanwälte Borchert und Grasel hätten ihnen mehrmals versichert, Zschäpe sei einverstanden. Die wiederum wiesen das zurück und warfen ihrerseits Heer, Stahl und Sturm vor, ihre Verschwiegenheitspflicht verletzt zu haben. 

Bei Beobachter_innen bleibt erneut der Eindruck eines geschickten manipulativen Vorgehens von Zschäpe im Umgang mit ihren verschiedenen Verteidiger_innen. Heer, Stahl und Sturm nutzten diesen Eindruck, um einmal mehr zu beantragen, entpflichtet zu werden, weil entweder Grasel und Borchert oder Zschäpe sie angelogen hätten. Zschäpe im Gegenzug beantragte ihrerseits die Entpflichtung von Heer, Stahl und Sturm wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht.

Die Verteidigung Wohlleben leitete die nächste Runde im Befangenheitstango ein. Sie bat um Unterbrechung bis morgen früh, weil sie morgen die drei Richter, die über die Befangenheitsanträge entschieden hatten – zwei Beisitzer sowie der Ergänzungsrichter des Senats –, nun ihrerseits als befangen ablehnen will.

Inhaltliche Beiträge zum Beweisprogramm kamen von der Verteidigung heute bisher nicht – nur eine Ankündigung von Heer, Stahl und Sturm, sie hätten einen eigenen Sachverständigen für die Woche nach den Osterferien selbst geladen – der soll wahrscheinlich seine wenig überzeugende „Methodenkritik“ zum psychiatrischen Gutachten von Prof. Saß darstellen.

Vertreter_innen der Nebenklage beantragten, Ermittlungsakten zu einem antisemitischen Propagandadelikt und einem rassistisch motivierten versuchten Bombenanschlag aus 1995 beizuziehen, zu denen es Hinweise auf eine mögliche Involvierung von Mitgliedern der Kameradschaft Jena gibt – diese Akten sind von der Bundesanwaltschaft bis heute nicht zur Münchener Akte gereicht worden.