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26.11.2014

Lügen und Verharmlosen X – „Das kameradschaftliche Gefühl, das man von der Bundeswehr kannte, wurde halt in der Szene ein bisschen weitergelebt.“

Es gibt Tage im Prozess gegen Mitglieder und Unterstützer des „Nationalsozialistischen Untergrundes“, die man kaum erträgt und die man nur schwer zusammenfassen kann. Der 26.11.2014 war ein solcher. Geladen war der Zeuge Ralph Hofmann, der verdächtig ist, Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe 1999 seinen Personalausweis zur Anmietung einer Wohnung und für Warenbestellbetrügereien zur Verfügung gestellt zu haben. Der Ausweis wurde im Brandschutt des Hauses in der Zwickauer Frühlingsstraße gefunden, ebenso Waren, die damals auf seinen Namen bestellt, in eine andere Chemnitzer Wohnung, die auf seinen Namen angemietet war, ausgeliefert und nie bezahlt wurden – neben alltäglichen Dingen auch ein Nachtsichtgerät, ein Gerät also, das zur Durchführung von Anschlägen aus dem Untergrund benötigt wird.

Bei der Polizei hatte Hofmann behauptet, er habe seinen Ausweis 1999 in einem Einkaufszentrum verloren. Er sei einmal von Thomas Starke gefragt worden, ob er zwei „Kameraden“ in seiner Wohnung unterbringen könnte. Das sei abends auf der Straße vor einer Kneipe gewesen, bei Starke seien zwei Männer mit Kapuzen gewesen, die nicht erkannt habe. Ein weiterer Nazizeuge hatte am 19.03.2014 vor dem Gericht ausgesagt, Hofmann hätte Starke und das Trio an ihn vermittelt, er habe dann eine Unterkunft besorgt. Ein solches Geschehen hatte Hofmann gegenüber der Polizei nicht angegeben.

Hofmann selbst war nie Teil des „Blood & Honour“-Netzwerkes, er war im Umfeld stärker parteipolitisch orientierter Gruppen tätig, Funktionär des „Heimatschutz Chemnitz“ und bis vor kurzem regelmäßiger Gast bei Veranstaltungen der erst dieses Jahr verbotenen „Nationalen Sozialisten Chemnitz.“

Hofmann versuchte, wie so viele zuvor, sich als harmlos und nur wenig politisch darzustellen. „Ich hab verschiedene Ansichten schon geteilt. Man war jung und konnte sich mit einigem identifizieren. Durch die Bundeswehrzeit wurde man noch ein bisschen aufgebaut und fühlte sich durch das Militärische mehr zum Elitären hingezogen.“

Der Vorsitzende befragte den Zeugen zunächst präzise und geduldig, kreiste dessen Falschangaben ein, verpasste es aber, ihn festzunageln. Hoffmann sagte erstmals aus, noch ein weiteres Mal von Starke wegen der Unterbringung der „beiden Männer“ angesprochen geworden zu sein, er habe dann an einen Bekannten verwiesen. Dass diese Erinnerung eine Schutzbehauptung ist, weil seine Vermittlung ja dem Gericht bereits bekannt ist, stand zwar im Raum, wurde aber nicht deutlich. Der Vorsitzende brach dann seine Befragung ab, nachdem er alle Widersprüche der Aussage des Zeugen eingekreist hatte, unternahm aber keinen einzigen Versuch, diesen unter Druck zu setzen.

Die Verteidigung hatte natürlich keine Fragen an den Zeugen, sie hat ja kein Interesse daran, dass weitere Details über die Unterstützung des NSU herauskommen. Auch die Bundesanwaltschaft stellte keine einzige Frage – es scheint, als verweigere sie sich inzwischen jeder Aufklärung.

Die Nebenklage versuchte danach zwar, den Zeugen weiter unter Druck zu setzen, musste dazu aber noch einmal an die Fragen des Gerichts anknüpfen – da gleichzeitig die Geduld des Gerichts wie so oft am Nachmittag am Ende war, wurde dies als unzulässige Wiederholungsfragen zurückgewiesen.

Die Befragung ging schließlich in einer Konfrontation zwischen der Verteidigung Wohlleben und einem Nebenklägervertreter zu Ende. Letzterer wollte dem Zeugen die Namen der vom NSU Ermordeten vorhalten, dies wurde beanstandet.

Letztlich wurde ein weiteres Mal deutlich, dass die Naziszene den NSU nicht nur bei seinen Morden unterstützt hat, sondern bis heute jede Aufklärung verhindert. Deutlich wurde zudem, dass nicht nur die „Blood and Honour“-Szene in die Unterstützung des NSU einbezogen war, sondern auch Aktivisten außerhalb der Skinheadszene. Diese weitere Szene käme auch für die Unterstützung in den Jahren nach dem Verbot von Blood and Honour im Herbst 2000 in Frage, als der Verfolgungsdruck gegen „B&H“-Mitglieder größer wurde. Darauf könnte auch hindeuten, dass Hofmann unter „Ralph Jäger“ in André Emingers Telefon gespeichert war. Diese Bezeichnung dürfte auf dessen Militärbegeisterung zurückgehen, hatte Hofmann doch seine Bundeswehrzeit bei einer Jäger-Einheit verbracht. So gut muss ihn Eminger also gekannt haben.