14.01.2014

Generalbundesanwaltschaft sperrt sich gegen weitere Aufklärung

Der heutige Verhandlungstag war geprägt von Auseinandersetzungen der Bundesanwaltschaft sowie der Verteidigung Zschäpe mit der Nebenklage. Ansonsten brachten die Zeugenbefragungen keine neuen Erkenntnisse.

Anlass für die erste Auseinandersetzung war der Beweisantrag der Nebenklage vom 08.01.2014. Es geht um einen in Polen inhaftierten Zeugen, der angibt, er habe im Jahr 2004 dem Angeklagten Ralf Wohlleben ein Werkzeug zur Überwindung von Wegfahrsperren von VW-Bussen gegeben im Tausch gegen eine Pistole. Dies könnte ein neues Bild der Rolle Wohllebens zeichnen, dem bislang nur die Beschaffung der Ceska-Pistole 1999/2000 vorgeworfen wird.

Der Generalbundesanwalt beantragte, den Antrag als formal unzulässig und inhaltlich bedeutungslos zurückzuweisen. Damit wird offensichtlich versucht, das Bild der nur aus drei Personen bestehenden Vereinigung NSU um jeden Preis gegen alle neuen Erkenntnisse zu verteidigen. Dass der Angeklagte Wohlleben 2004 versuchte, Werkzeug zum Diebstahl von Fahrzeugen des Typs zu erlangen, der vom NSU regelmäßig für seine Anschläge verwendet wurde, lässt nur den Schluss zu, dass er weit tiefer in die Gruppe eingebunden war, als die Anklage annimmt. Die Bundesanwaltschaft versucht aber seit Übernahme der Ermittlungen um jeden Preis, die Anzahl der Mitglieder des NSU so gering wie möglich zu halten. Sie hält an ihrer Einzeltäterthese so weit wie irgend möglich fest. Die Entscheidung über den Beweisantrag ist eine politische, bei der der Senat unter dem Vorsitzenden Götzl sich entscheiden muss, ob er an einer echten Aufklärung der Taten interessiert ist oder nur die Anklage abarbeiten will.

Die zweite Auseinandersetzung erfolgte anlässlich der Erklärung mehrerer NebenklägervertreterInnen zur Vernehmung des Zeugen Alexander Scheidemantel – dieser hatte am 08.01.2014 zur Übergabe der Krankenkassenkarte seiner Frau an den Angeklagten Gerlach ausgesagt. In der Erklärung wurde ausführlich dargestellt, dass sowohl die Eheleute Scheidemantel als auch der Angeklagte Gerlach einen Grund hatten, hierzu zu lügen – Scheidemantel deswegen, weil er und vielleicht auch seine Frau wussten, für wen die Karte bestimmt war. Soweit Gerlach hier lügt, dann deswegen, um seine Freunde zu schützen – was bedeutet, dass aus dieser Lüge nicht zu folgern ist, dass auch seine sonstigen Angaben falsch sind.

Diese Ausführungen wurden von der Verteidigung Zschäpe mit der Beanstandung unterbrochen, sie seien für eine Erklärung zu einer Zeugenvernehmung zu weitgehend. Die Verteidigung Zschäpe hatte letzte Woche noch erklärt, die gesamte Einlassung Gerlachs – die bekanntlich Zschäpe belastet – sei nicht glaubhaft, weil er zur Übergabe der Krankenkassenkarte nicht die Wahrheit gesagt habe. Nun platzte ihre Argumentation. Nachdem das Gericht entschieden hatte, dass die Erklärung der Nebenklage zulässig war, konnte sie ungestört zu Ende geführt werden.