19.03.2015

Nachbarinnen aus der Polenzstraße: Zschäpes Tarnung war perfekt.

Heute sagten zunächst zwei ehemalige Nachbarinnen der NSU-Wohnung in der Polenzstraße in Zwickau aus. Die erste Zeugin hatte 2006 bis 2008 dort gewohnt, Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt waren vor ihr ausgezogen. Ihre Vernehmung zeigte einmal mehr, dass die Tarnung Zschäpes perfekt funktioniert hatte. Die damals alleinerziehende Zeugin hatte sich offensichtlich eine Freundin gewünscht und immer wieder Annäherungsversuche unternommen, Zschäpe konnte und wollte ihr aber natürlich keine Einblicke in ihr Leben und die Wohnung geben und wehrte daher unter Verweis auf „ihren Freund“ ab. Die Zeugin war nun angesichts der Tatvorwürfe gegen ihre ehemalige Nachbarin bemüht, diese als unschuldiges Opfer ihres Freundes (Uwe Mundlos) darzustellen. Und so interpretierte sie vermeintliche Blicke, Gesten und Andeutungen der ihr als Lisa Dienelt bekannten Zschäpe: Lisa habe ihr ihre Telefonnummer nicht gegeben, weil ihr Freund nicht gestört werden wollte, Lisa habe ihr angedeutet, dass sie mit ihrem Freund und dessen Bruder (Uwe Böhnhardt) gemeinsamen Sex habe, obwohl sie das nicht wolle. All diese Schlüsse waren jedoch nicht auf wirkliche Beobachtungen gestützt und lösten sich auf Nachfragen des Vorsitzenden in vage Vermutungen auf.

Tatsächlich berichten konnte die Zeugin nur, Zschäpe habe ihr berichtet, der eine Mann (Uwe Mundlos) sei ihr Freund, der sei aber sehr viel weg gewesen sei, oft mit seinem Bruder (Uwe Böhnhardt). Er habe meist einen PKW-Kombi gefahren, ab und zu ein Wohnmobil. Die drei seien gemeinsam in Urlaub gefahren, Zschäpe sei etwa ein Wochenende im Monat weggefahren. Ansonsten habe sie die Männer sehr selten gesehen – nicht wirklich überraschend, wohnte die Zeugin mit ihrem Kind doch unterm Dach, das Trio dagegen im Erdgeschoss.

Auch die zweite Zeugin wohnte von 2006 bis 2009 im Haus und hatte losen Kontakt mit Zschäpe. Auch sie bestätigte lediglich, dass Mundlos und Böhnhardt nur selten da waren und dass regelmäßig ein Wohnmobil vor dem Haus stand, das v.a. von den beiden Männern benutzt wurde.

Es folgte ein weiterer Zeuge aus dem Umfeld von „88ern“ und „Blood & Honour“ Chemnitz, der 1997 eine Beziehung mit NSU-Unterstützerin Mandy Struck hatte. Der Zeuge hatte vor zehn Jahren einen schweren Arbeitsunfalls, erlitt u.a. Hirnblutungen, und hatte heute sichtlich Schwierigkeiten, sich an Details von damals zu erinnern. Dennoch kamen von ihm deutlich konkretere Angaben als von den allermeisten (ehemaligen) Nazis, die vor ihm im Zeugenstuhl saßen. Vor allem bestätigte er, dass es regelmäßigen Kontakt zwischen Nazis aus Chemnitz und Jena gegeben hatte. Er selbst hatte Mundlos und Böhnhardt über den späteren „B&H“-Mann Thomas Starke kennengelernt. Der gemeinsame Freund Friedel hatte in Heilbronn gewohnt und Kontakte zur dortigen Naziszene geknüpft. Dieser aus den Akten bekannten Spur, die für den Mordanschlag an den Polizisten Kiesewetter und Arnold eine Rolle spielen könnte, wollen bisher weder die Bundesanwaltschaft noch das Gericht nachgehen.