13.05.2015

Wiederum zu den Raubüberfällen, und zur „Brauchtumspflege“ in der NS-Szene

Die erste Zeugin heute war eine sehr mutige Angestellte einer Sparkasse in Zwickau, die am 23.09.2003 von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos überfallen wurde. Obwohl einer der beiden ihr seine Pistole ins Gesicht schlug, seinen Komplizen laut fragte „soll ich sie erschießen?“, verschaffte sie den beiden keinen Zugang zum Tresor. Ihre Kollegin bestätigte den Ablauf, auch sie wurde von den Tätern gewaltsam zur Herausgabe von Geld aufgefordert, konnte aber nach kurzer Zeit fliehen.

Die beiden Täter entkamen mit einer Beute von knapp 500 €. Laut Anklage nutzten sie zur Flucht wieder Fahrräder und ein Wohnmobil – wie bei anderen Banküberfällen und auch den Morden.

Eine Polizeibeamtin berichtete zu den Ermittlungen nach dem 4.11.2011: In der NSU-Wohnung in der Frühlingsstraße wurden u.a. Waffen und Kleidungsstücke gefunden, die denen auf den Überwachungsvideos entsprachen, außerdem Schuhe passend zu einer Fußspur in der Filiale und eine Stadtkarte, auf der die Filiale markiert war. Das Wohnmobil war auf den Namen André Eminger gemietet worden, laut Anklage durch Eminger selbst.

Die letzte Zeugin war Edda Schmidt, langjährige Nazi-Aktivistin und derzeit u.a. im NPD-Landesvorstand Baden-Württemberg. Sie war Referentin bei einer NPD-Schulungsveranstaltung in Thüringen im Jahr 2000 gewesen, sowohl Tino Brandt als auch der Bruder von André Kapke hatten in verschiedenen Varianten berichtet, dass am Rande der Veranstaltung ein „Kamerad“ von „Blood & Honour“ Sachsen berichtete habe, den Dreien gehe es gut. Kapke sagte aus, das Gespräch habe Edda Schmidt eingefädelt.

Diese nun behauptete heute, dieses Gespräch habe es nie gegeben. Ihre Aussage war insgesamt eindeutig von dem Bemühen geprägt, keine Klarheit zu schaffen. Dies war auch beabsichtigt, denn, in den Worten Edda Schmidts: „Ich bin doch keine Verräterin“. Die Aussage des Zeugen Kapke, Schmidt habe ein Gespräch über die abgetauchten NSU-Mitglieder eingefädelt, wird daher durch das Leugnen der Zeugin Schmidt nicht entkräftet.

Die Vernehmung machte aber auch deutlich, wie in der Naziszene die Beeinflussung junger Menschen funktioniert: sie habe über zwei Tage einen Vortrag zum „Brauchtum“, zu heidnischer Religion gehalten, habe den jungen Menschen etwas „Kultur“ beibringen wollen. Unter solcher Tarnung wurden dann junge Menschen mit einer angeblich heidnischen Pseudo-Religion vertraut gemacht, die im Wesentlichen auf Rassismus und Antisemitismus beruht und die „Germanen“ als überlegenes Volk darstellt. Menschen wie Edda Schmidt, deren Vater bekennender SS-Mann war, deren Mutter im NS-Bund deutscher Mädels aktiv war, die selbst von Kind an in Nazikreisen verkehrte, brachte jungen Menschen die „kulturellen“ Grundlagen näher, die diesen als vermeintliche Rechtfertigung für ihre rassistischen Gewalttaten dienen konnten.