17.05.2017

Letzte Beweisanträge

Heute lief die vom Gericht gesetzte Frist für die Stellung von Beweisanträgen ab – und in der Tat wurden noch einige Antrage gestellt.

Zschäpe-Verteidiger Grasel beantragte, die frühere Aussage der Mutter von Beate Zschäpe einzuführen – die hatte vor Gericht die Aussage verweigert und auch der Verwertung ihrer Aussage bei der Polizei widersprochen. Letzteres hat sie jetzt – nachdem auch der Gutachter Bauer sich auf die Angaben der Mutter gestützt hatte – zurückgenommen. Da nicht vollständig klar war, ob sie dennoch weiter eine eigene Aussage vor Gericht verweigern wird, hat das Gericht sie für nächste Woche erneut als Zeugin geladen – es scheint aber wahrscheinlich, dass sie sich nicht selbst äußern wird und dann eben die alte Aussage eingeführt wird, das Gericht hat dafür einen der Polizeibeamten geladen, die sie damals vernommen hatten.

Der andere Teil der Verteidigung Zschäpe beantragte die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zur Gefährlichkeit Zschäpes, nachdem – so Rechtsanwältin Sturm – das Gutachten von Prof. Faustmann ergeben habe, dass das Gutachten von Prof. Saß mangelhaft sei. Warum dieser Antrag keinen Erfolg haben wird, haben wir gestern geschildert.

Aus der Nebenklage kam der Antrag, die V-Mann-Akten des ehemaligen Deutschland-Chefs von Blood and Honour, Stefan Lange alias Pinocchio, beizuziehen. Der hatte bei seinem Auftritt vor Gericht geleugnet, V-Mann gewesen zu sein – gestern berichteten nun mehrere Medien, dass er mehrere Jahre lang V-Mann des Bundesverfassungsschutzes war und „ergiebig“ aus den (ehemaligen) Blood and Honour-Strukturen berichtet hat. Angesichts seiner herausgehobenen Stellung in Blood and Honour und seiner engen Freundschaft zu unmittelbaren UnterstützerInnen wie u.a. Jan Werner ist naheliegend, dass auch er Mitteilungen zum NSU-Kerntrio machte und dass diese dann wiederum vom Verfassungsschutz nicht an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet wurden.

Die Verteidigung Wohlleben beantragte die Vernehmung von Lange und weiteren Personen, allerdings in Verfolgung ihrer These, Blood and Honour Sachsen sei nicht nur alleine für die Radikalisierung des NSU-Kerntrios verantwortlich gewesen, sondern habe auch die Mordwaffe Ceska besorgt – beides Thesen, mit denen die Verteidigung bisher zu recht beim Gericht kein Gehör fand.

Interessant ist ein Detail am Rande: Verteidigerin Nicole Schneiders zählte in einem der Anträge eine Reihe von V-Leuten aus dem unmittelbaren Umfeld des NSU in Thüringen und Sachsen auf – und nannte dabei auch den Thüringer Ronny Artmann. Der war bisher öffentlich nicht als V-Mann gehandelt worden. Artmann war zwischen 1998 und 2001 u.a. im THS und den „Jungen Nationaldemokraten“ in Jena aktiv, kam hier auch mit der damals in Jena studierenden Schneiders in Kontakt. Zudem war er einer der engsten Vertrauten des Angeklagten Schultze, wurde aber erst im Februar 2013 vom BKA vernommen und ist in der Liste der Kontaktpersonen in der Anklage nicht einmal erwähnt.