Zu den Ermittlungen gegen Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in Jena und zur Durchsuchung am 26.01.1998
Der Thüringische Staatsschutzbeamte Dressler, der von 1997 bis 2001 als Leiter der EG Tex u.a. wegen mehrere Bombenattrappen gegen Mundlos, Zschäpe, Böhnhardt und andere Mitglieder der Kameradschaft ermittelte, sollte eigentlich nur eine Stunde lang vernommen werden, um danach die Vernehmung des Chemnitzer Thomas Rothe (29.07.2014) fortzusetzen. Die Vernehmung Dresslers dauerte aber bis nach 16 Uhr, Rothe wurde erneut unverrichteter Dinge nach Hause geschickt.
Dressler übernahm die Ermittlungen der vorher bestehenden SoKo Rex zu den verschiedenen Bomben- und Briefbombenattrappen und machte diese zur Grundlage der Arbeit seiner EG Tex. Hatte die SoKo Rex noch den Auftrag gehabt, neben konkreten Straftaten auch die Struktur der militanten rechten Szene aufzuklären, wurde diese Aufgabe mit der EG Tex ersatzlos gestrichen.
Der Tatverdacht richtete sich auf Grund der eindeutigen politischen Ausrichtung der Taten und diverser konkreter Indizien gegen Mitglieder der Kameradschaft Jena. Die EG Tex regte gegenüber der Staatsanwaltschaft an, auch den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung aufzunehmen, das wurde aber abgelehnt.
Die Ermittlungsgruppe sei davon ausgegangen, dass die Täter eine geheime Werkstatt hatten. Daher sollte Uwe Böhnhardt observiert werden, um diese Werkstatt zu finden. Das LKA konnte aber nur für drei Tage Beamte für eine Observation stellen, die folglich nichts ergab. Es stellte sich aber heraus, dass auch das Landesamt für Verfassungsschutz Böhnhardt observierte. Dressler fragte dort an und bat um weitere Observation und um Übergabe gerichtsverwertbare Ergebnisse. Tatsächlich lieferte das Landesamt später einen entsprechenden Bericht und benannte die Garage, klassifizierte diesen aber als geheim und ließ sich hiervon auch auf Bitten Dresslers nicht abbringen. Der legte den Bericht zur Seite und schrieb einen Vermerk, in dem er diese Erkenntnisse als polizeieigene darstellte. Auf dieser Basis erging dann ein Durchsuchungsbeschluss für die Garage.
Die Durchsuchung selbst war extrem schlecht vorbereitet. Dressler als Ermittlungsleiter war auf einer Fortbildung. Der zuständige Staatsanwalt hatte angeordnet, keinerlei strafprozessuale Handlungen ohne seine Genehmigung vorzunehmen, war dann aber am Durchsuchungstag nicht erreichbar, auch sein Stellvertreter zunächst nicht. Die durchsuchenden Beamten hatten nicht einmal Werkzeug zum Aufbrechen eines Vorhängeschlosses dabei und mussten die Feuerwehr zur Hilfe rufen. Insofern war es nicht verwunderlich, dass die Garage bei der Wohnung Böhnhardt früher als die Bombenwerkstatt durchsucht wurde. In dieser Garage stand Böhnhardts Pkw, mit dem dieser ungehindert wegfuhr. Die Beamten warteten dann in aller Seelenruhe auf die Feuerwehr, die die zweite Garage öffnete, in der Bomben und Bombenbaumaterial sowie diverse Nazi-Zeitschriften, viele davon von Zschäpe abonniert, und weitere Papiere wie etwa Adresslisten gefunden wurden.
Auf dieser Grundlage wurden am 28.01.1998 Haftbefehle erlassen, nach den drei Geflohenen gefahndet. Diese Fahndung blieb bekanntermaßen erfolglos, obwohl Informationen über den Aufenthalt der Drei in Chemnitz vorlagen. Die umfangreiche Adressenliste aus der Garage wurde nicht für die Ermittlungen genutzt, weil das BKA sie als „nicht verfahrensrelevant“ eingestuft hatte.
Sehr misstrauisch macht, dass der Verfassungsschutz auf der Geheimhaltung des Berichts über die Observation Böhnhardts und die Entdeckung der Garage bestand, obwohl Dressler mehrfach eindringlich um Herabstufung bat – welches besondere Geheimhaltungsinteresse sollte an den Ergebnissen einer Observation bestehen? Hinzu kommt, dass das Gelände, auf dem sich die Garage befand, umzäunt und schwer einsichtig war, so dass eine Identifizierung der Garage nur anhand einer Observation schwer möglich erscheint. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass es sich in Wirklichkeit nicht um Ergebnisse einer Observation, sondern um Angaben eines V-Mannes aus dem direkten Umfeld der „Drei“ handelte. Der Zeuge wollte diese Möglichkeit nicht bestätigen, konnte sich aber auch keinen Reim auf das Verhalten des Verfassungsschutzes machen.
Die Verteidigungen Zschäpe und Wohlleben widersprachen der Verwertung der Aussage des Zeugen zu den sichergestellten Beweismitteln, weil der Beamte die geheimen Informationen des Landesamtes als sein eigenes Wissen ausgegeben hatte.