Die heutige Verhandlung hat außer zwei Beweisanträgen der Nebenklage nichts ergeben. Der Zeuge Enrico Theile wurde nach langem Hin und Her wieder nach Hause geschickt, er soll noch einmal kommen, dann mit einem Zeugenbeistand. Das Gericht hatte, offensichtlich bayerischen Gepflogenheiten folgend, bei Theile wie bei anderen verdächtigen Zeugen den Antrag auf Beiordnung eines Zeugenbeistandes abgelehnt – das führte aber auch bei Theile nicht, wie vielleicht erhofft, zu umfangreichen Aussagen, sondern zu Verzögerungen. Der Zeuge soll an der Weitergabe der Ceska 83 nebst Schalldämpfer aus der Schweiz an den Naziszeneladen Madley mitgewirkt haben. Interessanter Weise gab er heute an, einer der beiden Betreiber des Ladens habe ihm einen Rechtsanwalt empfohlen – der wird ihm nun als Zeugenbeistand beigeordnet. Die Naziszene scheint also den Prozess auf ihre Weise vorzubereiten.
Es folgten die Beweisanträge der Nebenklage. Einmal soll der ehemalige V-Mann „Tarif“, Michael von Dolsperg, geborener See, vernommen werden. Der inzwischen in Schweden wohnende Dolspeg hatte vor kurzem in einem Interview mit dem Spiegel berichtet, André Kapke habe ihn kurz nach dem Abtauchen des Trios 1998 gefragt, ob er die unterbringen könne. Er habe das mit seinem V-Mann-Führer besprochen und dann abgelehnt – die Gefahr seiner Enttarnung war dem Verfassungsschutz wichtiger als die Verhaftung der drei Untergetauchten. Als „Tarif“ hatte Dolsperg u.a. eine Zeitung herausgegeben, in der er die Bildung von Zellen und die Vorbereitung eines Lebens im Untergrund propagierte.
Der zweite Beweisantrag zielt auf die Vernehmung des Zeugen Thomas Gerlach. Gerlach war selbst Mitglied des Thüringer Heimatschutzes und vor 1998 mit Zschäpe liiert. Er arbeitete als Multifunktionär in der militanten, nicht eng an die NPD gebundenen Szene in den vergangenen 15 Jahren immer wieder eng mit den Angeklagten Wohlleben und Eminger zusammen. Eines seiner Projekte ist der Aufbau sogenannter führerloser Zellen. Er kennt praktisch alle bisher bekannten Personen aus dem NSU-Unterstützernetzwerk. Thomas Gerlach scheint zwar von der Polizei vernommen worden zu sein, eine solche Vernehmung ist allerdings in der Akte, die Gericht und Prozessbeteiligten vorliegt, nicht enthalten.