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25.03.2014

Aussage des Max-Florian B. belastet Zschäpe und Eminger

Der gesamte Verhandlungstag heute bestand aus der Einführung der Aussage des NSU-Unterstützers Max-Florian B. durch zwei Polizeibeamte, die ihn mehrfach vernommen haben – B. selbst verweigert die Aussage.

Max-Florian B. ist für die Anklage ein sehr wichtiger Zeuge, weil er einen Teil der besonders wichtigen Phase der Herausbildung der terroristischen Vereinigung NSU nach dem Untertauchen von Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos selbst begleitet hat. Welch große Bedeutung auch das Gericht der Aussage B.s zumisst, wurde daran deutlich, dass der Vorsitzende Richter Götzl den beiden Beamten, nachdem diese von sich aus sehr detailliert ausgesagt hatten, praktisch die gesamten Vernehmungsprotokolle nochmals vorlas und sich im einzelnen bestätigen ließ.

Anfangs wohnten „die Drei“ in B.s Wohnung und er bei seiner damaligen Freundin Mandy Struck, nach dem Ende Beziehung wohnten man zu viert bei ihm. Aber auch danach, selbst nachdem sich B. anscheinend aus der Naziszene gelöst hatte, kam es bis 2009/10 zu Treffen und zahlreichen Telefonaten, bei denen Veränderungen in seinem Leben abgefragt wurden, wohl damit das Trio seine Identität – Mundlos hatte einen Reisepass auf den Namen B.s – weiterhin verwenden konnte. B. ließ ihnen auch in dieser Zeit noch Unterlagen zukommen, so Post der Commerzbank, bei der Mundlos unter Verwendung des Passes ein Konto angelegt hatte.

B. hat in zahlreichen Vernehmungen anschaulich dargestellt, dass Beate Zschäpe ein gleichberechtigtes Mitglied der Gruppe war. So sagte sie ihm etwa, sie habe 1996 beim Aufhängen einer Puppe mit der Aufschrift „Jude“ und einer Bombenattrappe selbst nicht mitgewirkt, weil ihre Körperkraft dafür nicht ausreichend war, sie sei aber in die Planung dieser und anderer Aktionen voll eingebunden gewesen. Insgesamt kann nach der Aussage B.s endgültig davon ausgegangen werden, dass Zschäpe vollwertiges Mitglied der Gruppe war – zumal der erste Banküberfall zwar nach Auszug aus B.`s Wohnung, aber noch während des Aufenthaltes in Chemnitz geplant und durchgeführt wurde, die Gruppe also in der von B. geschilderten Lebenssituation den Schritt zu bewaffneten Aktionen vollzog.

B. hatte gegenüber den Vernehmungsbeamten auch bestätigt, dass die Gruppe um Thomas Starke und die Brüder Fiedler in dieser Phase zu den Hauptunterstützern gehörte. Starke nutzte bereits in Jahren zuvor seine „Blood and Honour“-Kontakte, um den Dreien den Sprengstoff für die Bombenattrappen zu besorgen. Brisant daran ist, dass Starke von 2000 bis 2005 zumindest auch V-Mann des LKA Berlin war. Er wird in der kommenden Woche vernommen werden.

Aber nicht nur Zschäpe, auch der Mitangeklagte André Eminger wurde heute erheblich belastet. B. hatte in seinen Vernehmungen angegeben, Eminger sei mindestens dreimal bei ihm in der Wohnung gewesen und habe das Trio besucht. Mit Eminger sei diskutiert worden, dass er einen Personalausweis zur Verfügung stellt, dies habe man aus B. nicht bekannten Gründen doch nicht gemacht. Bei allen Gesprächen mit Böhnhardt und Mundlos sei Eminger Gesprächsthema gewesen. B. habe von den drei Informationen zu André Eminger erhalten, zu dessen Kindern, dessen Beruf und dessen Tätowierung mit der Aufschrift „Die Jew Die“. B. sei davon ausgegangen, dass Eminger später in der Nähe des Trios gewohnt habe, weil er das Trio öfter besucht habe. 2011 habe Eminger B. angerufen und habe Information über diesen gewusst, die er nur vom „Trio“ haben konnte.

Insgesamt entsteht aus den Schilderungen der Aussagen des Max-Florian B. der feste Eindruck, dass André Eminger bereits ab dem Abtauchen des Trios in Chemnitz eng mit den dreien verbunden war und diese frühzeitig unterstützt hat.

Überaus spannend war auch die Schilderung der Zeugenaussage B.s zum Ende des Aufenthaltes des Trios in Chemnitz. Es habe mehrere Gespräche darüber gegeben, dass die Anwesenheit der Drei in der Chemnitzer „Szene“ allseits bekannt und deshalb ein Umzug notwendig sei. Bei der Vielzahl an V-Leuten in der Naziszene zu diesem Zeitpunkt kann dies dem Verfassungsschutz und den Strafverfolgungsbehörden gar nicht verborgen geblieben sein.