10.07.2014

Thomas Gerlach: frontale Aussageverweigerung

Am heutigen Vormittag wurden verschiedene Zeugen vernommen zur Darstellung des Vater Mundlos, sein Sohn sei erst durch Ralph Wohlleben und André Kapke zum Mitglied einer „Mörderbande“ radikalisiert worden. Zudem sagte ein technischer Mitarbeiter des BKA aus; er hatte Aufnahmen von Überwachungskameras in überfallenen Banken mit den bei Mundlos und Böhnhardt gefundenen Kleidungstücken verglichen und zahlreiche Übereinstimmungen festgestellt.

Die Generalbundesanwaltschaft gab eine Stellungnahme ab, dass sie sich dem Beweisantrag der Nebenklage zur Ideologie des Angeklagten Eminger „nicht entgegenstellt“.

Danach sollte die Vernehmung des Zeugen Thomas Gerlach von letzter Woche fortgesetzt werden. Gleich auf die erste Frage stellte dieser nochmals fest, dass er keine Fragen zu der Organisation Hammerskins beantworten werde. Wohlleben-Verteidiger Klemke sprang ihm gleich bei: ca. 2003 habe es doch ein Ermittlungsverfahren gegen das Chapter Sachsen der Hammerskins wegen des Bildung einer kriminellen Vereinigung, § 129 StGB, gegeben. Er wisse aber nicht, wie dieses ausgegangen sei. Klemke stellte damit in den Raum, dass der Zeuge alle Fragen zu den Hammerskins verweigern dürfte, wenn gegen ihn ein Strafverfahren wegen Mitgliedschaft oder Tätigkeiten bei den Hammerskins geführt wird. Prompt erwiderte der Zeuge Gerlach, er habe damals zwar im Gefängnis gesessen, aber bei ihm habe auch eine Durchsuchung stattgefunden; er wisse nicht, was aus dem Verfahren geworden sei.

Der Vorsitzende brach an dieser Stelle seine Befragung ab und gab das Fragerecht weiter.

Im Folgenden verweigerte Gerlach alle Auskünfte über die Organisation Hammerskins und relevanten Mitstreitern. Einen Antrag der Nebenklage auf Ordnungsmittel zur Erzwingung einer Antwort stellte der Vorsitzende zurück, um zu prüfen, ob noch Strafverfahren gegen den Zeugen geführt werden. Dies hatte der Generalbundesanwalt erstaunlicherweise nicht vorher geklärt.

Am 24.7.2014 soll die Vernehmung fortgesetzt werden, es ist zu erwarten, dass der Zeuge Gerlach bis dahin eine Strategie zur Aussageverweigerung entwickelt hat.

Wenn Gerlach mit seiner offenen Weigerung durchkommt, ist dies ein klares Symbol an alle weiteren Nazizeugen, dass der Senat bereit ist, auf die Aufklärung der politischen und organisatorischen Strukturen, in denen sich der NSU bewegt hat, zu verzichten. Die hier geltend gemachte Weite des Schweigerechts wäre eine klare Sonderregelung für militante Nazis.