17.07.2014

Warten auf Zschäpes Erklärung

Nach dem Abbruch der Hauptverhandlung gestern wird wild spekuliert und vermutet. Zeitungen, die vor kurzem noch die VerteidigerInnen Zschäpes hochgelobt haben, brechen nun den Stab über sie.

Tatsache ist, dass es viele Gründe geben kann, Beate Zschäpe zur Aussageverweigerung zu raten, wie es ihre Verteidigung getan hat. Tatsache ist auch, dass derzeit, nach mehr als einem Jahr Hauptverhandlung und nach dem Haftfortdauerbeschluss zu Ralf Wohlleben, die Stimmung bei Beate Zschäpe an einem Tiefpunkt angelangt sein dürfte: eine Verurteilung wegen aller angeklagten Taten wird immer wahrscheinlicher; sie muss erkennen, dass sie für sehr lange Zeit in Haft bleiben wird.

Vor diesem Hintergrund musste Zschäpe der doppelte Verrat ihres ehemaligen Kameraden und V-Mannes Brandt die Ausweglosigkeit ihrer Situation noch einmal in aller Deutlichkeit vor Augen geführt haben. Immerhin war Brand derjenige, der im Rahmen des THS auch die Jenaer Kameradschaft mit aufgebaut hat. Brandt radikalisierte die Szene, entwickelte militante, gewalttätige Strategien gegen politische Gegner, konspirative Verhaltensweisen, propagierte den bewaffneten Kampf, und all das im Auftrag und mit dem Geld des Verfassungsschutzes. Brandt – mehr als ein Freund, ein Kamerad von Zschäpe und ihren Mittätern – stellt sich nun den Fragen des Gerichts und beschreibt sich als immer legal arbeitenden „nationalen Sozialisten“, der gerne mit der NPD Wahlerfolge erzielt hätte. Sicherlich hätte Zschäpe erwartet, dass ihre VerteidigerInnen diesem Zeugen über den Mund fahren, ihn und den Verfassungsschutz angreifen, bloßstellen. Dass sie dies nicht getan haben, kann gute Gründe haben – Brandt weiß vielleicht viel mehr über Zschäpe, als er bisher im Gerichtssaal mitgeteilt hat –, es kann aber auch Unfähigkeit sein oder schlicht fehlendes Verständnis für die Bedürfnisse ihrer Mandantin.

Der Wunsch Zschäpes nach gänzlich neuen Verteidigern wird sich nicht erfüllen. Möglicherweise wird einer ihrer Verteidiger freiwillig sein Mandat abgeben und Platz für einen neuen Verteidiger machen, der unvorbereitet einspringt. Denkbar ist auch die Beiordnung eines vierten Pflichtverteidigers, denn die bestehende gesetzliche Beschränkung auf drei gilt nur für Wahlverteidiger. Egal wie sich das Gericht entscheidet ist unklar, ob dies eine große Wende in den Prozess bringt, ebenso, ob Beate Zschäpe aussagen wird.

Das OLG hat die Frist zur Abgabe einer schriftlichen Begründung von Zschäpes Antrag auf Entpflichtung ihrer VerteidigerInnen bis Freitagnachmittag verlängert. Es ist kaum damit zu rechnen, dass das Gericht eine wesentliche Verzögerung des Prozesses durch diese Angelegenheit hinnehmen wird. Am kommenden Dienstag wird weiterverhandelt.

Weitere Spekulationen verbieten sich zu diesem Zeitpunkt.