25.02.2015

Chemnitzer Zeugen: Einige Details, viele Geschichten und weiter keine Entlastung für Wohlleben

Heute wurden zwei Zeugen aus dem Bereich Chemnitz befragt. Beide waren auf Antrag der Verteidigung Wohlleben geladen worden, die versucht, die Verantwortung für die Unterstützung des NSU von Wohlleben wegzuschieben und allein bei „Blood & Honour“ Sachsen festzumachen.

Dieser Plan ging auch bei diesen Zeugen nicht auf. Die beiden Zeugen waren aber auch ansonsten bemüht, nicht besonders viel Erkenntnisse zu liefern – wie viele Zeugen aus der Nazi-Szene vor ihnen bestätigten sie im wesentlichen nur das, was eh nachgewiesen ist, und erzählten ansonsten Märchen oder gaben vor, sich nicht zu erinnern.

Zunächst kam Gunter Fiedler, einer der „88er“ Skinheads aus Chemnitz. Er bestätigte, dass nach dem Untertauchen von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt sein Bruder und er eine Wohnung für diese besorgten. B&H-Chef Thomas Starke hatte sie angesprochen, die Drei bräuchten eine Unterkunft, sie seien auf der Flucht vor der Polizei. Die Fiedlers sprachen zunächst Mandy Struck an, die verwies auf ihren Freund Max-Florian B., wo die Drei tatsächlich unterkamen.
Der Zeuge bestätigte auch – anders als noch in seiner polizeilichen Vernehmung –, dass er seinen Personalausweis zur Verfügung gestellt hatte, damit Böhnhardt auf seinen Namen einen Reisepass beantragen und auch abholen konnte. Er behauptete aber – wenig überzeugend – , dass er sich diesen später wiedergeholt und vernichtet habe. Ansonsten habe er mit den Dreien praktisch keinen Kontakt gehabt und wisse über die nichts weiter.

Seine Angaben waren schon in sich nicht glaubhaft, zumal er keinerlei Motiv für seine Unterstützungshandlungen schildern konnte und sich auch in Widersprüche zu seiner früheren Aussage verstrickte. Insbesondere konnte der Zeuge nicht erklären, warum sich in der Wohnung des NSU in der Frühlingsstraße ein Zettel mit biographischen Angaben zur Familie Fiedler fand, Böhnhardt also anscheinend diese Alias-Personalie weiter nutzte.

Offensichtlich war der Zeuge als fester Bestandteil der Chemnitzer Naziszene bereit, ohne weiteres eine Wohnung und persönliche Unterlagen für polizeilich gesuchte „Kameraden“ zur Verfügung zu stellen. Die Bereitschaft dieser Szene, sich an Straftaten zu beteiligen, war ersichtlich hoch.

Der zweite Zeuge, Jörg Winter, war Mitglied bei „Blood & Honour“ Sachsen und hatte bereits Mitte der 1990er 2 kg TNT für die damals noch in Jena aktiven Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos besorgt, auch dies vermittelt durch Thomas Starke. Er bestätigte die Lieferung des Sprengstoffs, präsentierte aber eine windige Geschichte, wonach er den von einem kurz darauf gestorbenen Bekannten zur Aufbewahrung bekommen habe und, als Starke ihn nur auf gut Glück angesprochen habe, dann gleich liefern konnte, „wie es der Zufall so will“. Er habe auch gar nicht gewusst, dass das für jemand anders gedacht sei, habe gedacht, Starke wolle damit ein wenig „rumexperimentieren“.

Interessant an den Angaben dieses Zeugen war zum einen, dass er einige Einblicke in die Struktur von „B&H“ Sachsen vermittelte, zum anderen seine Angaben zur besonderen Nähe von B&H Sachsen zu den Hammerskins und auch zum Angeklagten Eminger. Dieser wollte zunächst „B&H“-Mitglied werden wollte, was aber durch das „B&H“-Verbot verhindert wurde, und gründete dann mit seinem Bruder die „Weiße Bruderschaft Erzgebirge“, die sich ideologisch eng an den Hammerskins orientierte. Auch die Aussage Winters spricht dafür, dass Eminger das Bindeglied ist, über das die weitere Unterstützung des Kern-Trios nach dem Verbot von „B&H“ und dem damit verbundenen Verfolgungsdruck gegen die bisherigen UnterstützerInnen sichergestellt wurde.