05.04.2016

Aussetzungsantrag der Verteidigung Wohlleben: Viel Lärm um sehr sehr wenig. Und: weitere Fragen an Zschäpe, diesmal zu Holger Gerlach

Wer die Hoffnung gehegt hatte, das Gericht würde nach der Osterpause mit ein wenig mehr Elan verhandeln, wurde einmal wieder enttäuscht: Auch heute verhandelte das Gericht nicht zur Sache, beendete den Tag gegen Mittag und sagte die Verhandlung für morgen ab.
Hintergrund war der Aussetzungsantrag der Verteidigung Wohlleben von vor den Osterferien: Bei der Durchsuchung Wohllebens 2011 war ein T-Shirt gefunden worden, das dessen nationalsozialistische Einstellung eindeutig unter Beweis stellte – unter der Aufschrift „Eisenbahnromantik“ waren darauf Eisenbahngleise zu sehen, die ins Konzentrationslager Auschwitz führen.

Ein Foto dieses T-Shirts hatte die Bundesanwaltschaft erst vor einigen Wochen als Ausdruck zur Akte gereicht. Die Verteidigung hatte nun beantragt, das Verfahren gegen Wohlleben auszusetzen, d.h. jetzt zu beenden und später neu zu beginnen, mit der Begründung, die Akte sei unvollständig. Das Gericht lehnte den Antrag zunächst ganz ab, auf Gegenvorstellung der Verteidigung aber entschied es, sofort Ausdrucke der Fotos für die Verteidigung zu fertigen und die Hauptverhandlung für eine Woche zu unterbrechen.

Dass der Antrag auf Aussetzung keinen Erfolg haben würde, war abzusehen – die Foto-Dateien befanden sich schon immer auf einem USB-Stick in der Akte beim Gericht, was die Verteidigung bei Durchsicht der Akte auch erkannt haben muss. Auf Antrag der Verteidigung wären ihr ohne weiteres Kopien zur Verfügung gestellt worden – einen solchen Antrag hat sie aber nie gestellt. Zudem handelt es sich um Fotos der Durchsuchung in Wohllebens Wohnung – es ist davon auszugehen, dass dieser recht genau weiß, was sich an verfahrensrelevanten Gegenständen in der Wohnung befand.

Der Antrag dürfte also einerseits dazu gedient haben, von dem Inhalt des T-Shirts abzulenken, und andererseits der Hoffnung geschuldet gewesen sein, das Gericht möge Fehler machen, die dann in der Revision verwertet werden können. Der Entschluss des Gerichts, den Tag morgen abzusagen, mag der Vorsicht geschuldet sein, solche Fehler zu vermeiden – notwendig war er aber nicht, zumal die Zeugin, die zu dem T-Shirt aussagen soll, eh erst zu einem späteren Zeitpunkt aussagen wird.

Interessant war die Erklärung der Generalbundesanwaltschaft, warum man den Ausdruck erst vor kurzem zur Akte gereicht hatte: ursprünglich sei ja die Ideologie Wohllebens für die Anklage nicht relevant gewesen, sie sei es erst durch die Einlassung Wohllebens, der sich selbst anders dargestellt habe, geworden. Nun ist es richtig, dass die Selbstdarstellung Wohllebens als Gewalt und Rassismus ablehnender Nationalpazifist u.a. durch den Fund des T-Shirts klar widerlegt wird. Aber die Entscheidung, solche eindeutigen Indizien zunächst aus der Akte zu halten, zeigt einmal mehr die verfehlte Politik der Bundesanwaltschaft, die politischen Hintergründe der Taten des NSU, dessen ideologische und praktische Einbindung in die Naziszene usw. möglichst ganz aus dem Verfahren zu halten.

Zum Schluss des Hauptverhandlungstages stellte der Vorsitzende noch einige Fragen an Beate Zschäpe und kündigte an, dass er noch weitere habe. In den heutigen Fragen ging es um Holger Gerlach – insbesondere darum, welche Treffen es mit ihm gab und was er von den Taten wusste.