06.07.2016

Fragen an die Angeklagte Zschäpe

Heute sagte zunächst eine BKA-Beamtin erneut zu den in der Frühlingsstraße gefundenen Fernsehaufnahmen aus, die noch am Tag des Anschlags in der Keupstraße in Köln gemacht worden waren. Das Fazit ihrer Ermittlungen ist nach wie vor: es ist technisch möglich, dass diese Aufnahmen in der Wohnung in Zwickau gemacht wurden – dann aber durch Beate Zschäpe, denn Böhnhardt und Mundlos waren bei Ausstrahlung noch nicht aus Köln zurück. Es kann aber natürlich auch sein, dass ein Unterstützer in Köln oder Umgebung die Aufnahmen machte.
Weiter hatte die Zeugin sich erneut mit dem Bekennervideo des NSU beschäftigt und festgestellt, dass darin auch ein Zeitungsartikel verwertet wurde, an dem sich ein Fingerabdruck von Zschäpe fand.

Sodann gab der Vorsitzende den Prozessbeteiligten Gelegenheit, Fragen an die Angeklagte Zschäpe zu stellen – und diese Gelegenheit wurde umfassend wahrgenommen. Über mehrere Stunden stellten vor allem die NebenklagevertreterInnen Fragen an Zschäpe, einige Fragen kamen auch von der Verteidigung Schultze und dem Sachverständige Prof. Dr. Saß. Die Fragen umfassten Themen von den Beziehungen zwischen Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt, deren politische Einstellung usw., über Zschäpes Involvierung in die Taten bis hin zu ihrem Verhalten nach der Selbstenttarnung und in der JVA. Einige Fragen zielten auch auf Widersprüchlichkeiten in den bisherigen – von den Verteidigern schriftlich vorbereiteten – Stellungnahmen Zschäpes ab.

Die Fragen zeigten zweierlei eindrücklich: zum einen, dass im Verfahren in München noch sehr sehr viele zentrale Fragen offen und aufklärungsbedürftig sind, zum anderen, dass die bisherigen Einlassungen Zschäpes offensichtlich konstruiert, lückenhaft und widersprüchlich sind.

Die Angeklagte und ihre Verteidiger nahmen die Fragen zunächst entgegen und äußerten sich nicht endgültig dazu, ob diese beantwortet werden sollen – bei Abgabe der Einlassung hatten die Verteidiger ja noch angekündigt, Fragen der Nebenklage würden nicht beantwortet. Wahlverteidiger Borchert versuchte die Situation zu seinem Nutzen zu verwenden, indem er darauf verwies, dass eine eventuelle Beantwortung der Fragen viele Besprechungen erfordern und sicher Monate dauern würde. Wahrscheinlich hofft er, auf diese Weise dann doch noch die von Zschäpe immer wieder beantragte Pflichtverteidigerbeiordnung durchzusetzen.

Heute wurde erneut deutlich, dass die von Zschäpes Verteidigern für sie abgegebenen Erklärungen ausschließlich ihrem eigenen Bedürfnis nach Selbstdarstellung und Inszenierung eines positiven Selbstbildes gedient haben, aber überhaupt nicht geeignet sind, ein Bild des tatsächlichen Geschehens während ihres dreizehnjährigen Zusammenlebens mit Böhnhardt und Mundlos und ihrer dreizehnjährigen Mitgliedschaft im NSU zu zeichnen.