12.07.2016

Aufklärungswille niedrig – Verurteilungswille hoch – Verfassungsschutz schützen: 100%

Heute wurden diverse Dokumente verlesen, u.a. zu einer Durchsuchung bei David Petereit, NPD-Landtagsabgeordneter in Mecklenburg-Vorpommern und früher Herausgeber des Nazi-Fanzines „Der Weiße Wolf“. Bei der Durchsuchung wurde ein Exemplar des sog. „NSU-Briefes“ gefunden, mit dem die Organisation bestimmten neonazistischen Organisationen Geld hatte zukommen lassen. „Der Weiße Wolf“ hatte sich im Vorwort der nächsten Ausgabe im Jahr 2002 bedankt: „Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen;-) Der Kampf geht weiter …“ Petereit selbst ist für morgen als Zeuge geladen.

Nach der obligatorischen Mittagspause lehnte das Gericht weitere Beweisanträge ab, diesmal Anträge aus dem Februar und April 2014 (!) zu den Versuchen des Hessischen Verfassungsschutzes, die Ermittlungen wegen des NSU-Mordes an Halit Yozgat in Kassel zu behindern und den VS-Mitarbeiter Temme zu schützen, der am Tatort gewesen war, aber behauptet hatte, er habe nichts mitbekommen. Auch diese Involvierung des Verfassungsschutzes ist also für das Gericht „aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung“. Dabei legte sich das Gericht darauf fest, die Angaben Temmes, er habe vom Mord nichts mitbekommen und auch beim Verlassen des Internetcafés nicht die Leiche Yozgats gesehen, seien glaubhaft – eine Aussage, die selbst den Einschätzungen der meisten Ermittler widerspricht und die den Gesichtsausdrücken zu Folge selbst bei der Bundesanwaltschaft Erstaunen auslöste.

Dem Beschluss ist deutlich anzunehmen, dass das Gericht alle möglichen Zweifel hinsichtlich des Geschehens in Kassel wegwischen und einfach anklagegemäß verurteilen will, ohne sich mit dem Thema Verfassungsschutz irgendwie befassen zu müssen. Die Begründung zeigt, wie kreativ ein Staatsschutzsenat am OLG seine Sicht des Ergebnisses der Beweisaufnahme darstellen kann.