20.12.2016

Zähes Ringen um das „Zschäpe-Gutachten“

Mit Spannung erwartet wurde, vor allem von der Presse, das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Professor Dr. Saß zur Angeklagten Zschäpe. Dazu kam es aber heute – noch – nicht.

Prof. Dr. Saß war bereits 2013 vom Vorsitzenden mit einem Gutachten zu den Voraussetzungen einer Sicherungsverwahrung Zschäpes beauftragt worden. Zschäpe hatte jede Zusammenarbeit, also insbesondere Gespräche mit oder eine Untersuchung durch den Sachverständigen verweigert. Dieser hat dafür die meisten Hauptverhandlungstage im Gerichtssaal verbracht. Mehrfach gab es Streit mit den AltverteidigerInnen, weil diese etwa meinten, er dürfte Zschäpe nicht in Verhandlungspausen beobachten.

Vor einigen Wochen hatte Prof. Saß sein vorläufiges schriftliches Gutachten abgegeben. Die VerteidigerInnen hatten mehrfach darauf bestanden, dass die Gutachtenerstattung von Prof. Saß in den Januar geschoben wird, weil sie mehr Zeit für die Vorbereitung bräuchten. Der Vorsitzende hatte allerdings daran festgehalten, das Gutachten noch im Dezember zu hören (vgl. den Beitrag vom 08.12.2016)

Zunächst begann die Verhandlung allerdings mit notwendigen Vorbereitungen. Die Nebenklage hatte ja bereits am 14.09.2016 beantragt, einen Brief, den Zschäpe im Jahr 2013 an einen in Nordrhein-Westphalen inhaftierten Neonazi geschickt hatte, zu verlesen – u.a. weil die Selbstdarstellung Zschäpes in dem Brief, die in krassem Gegensatz zu ihrer Selbstdarstellung in ihrer Einlassung vor Gericht steht, für den Sachverständigen Prof. Saß hilfreich ist (vgl. den Beitrag vom 14.09.2016). Das Gericht hat den Brief inzwischen im Selbstleseverfahren eingeführt, dieses Verfahren wurde heute zunächst offiziell abgeschlossen. Daraufhin wollte die Nebenklage eine Erklärung zur Beweisaufnahme abgeben und dabei auch Auszüge aus dem Brief erläuternd wiedergeben. Dies wurde erneut von den ZschäpeverteidigerInnen blockiert. Nachdem klar wurde, dass Heer, Stahl und Sturm dieses Scharmützel nur nutzen wollten, um die Gutachtenerstattung weiter zu verzögern, stellte die Nebenklage ihre Erklärung zurück.

Sodann beantragte die Verteidigung Zschäpe in einem 33-seitigen Antrag die Entbindung des Prof. Saß wegen vermeintlicher in seinem vorläufigen Gutachten zu Tage getretener fachlicher Ungeeignetheit. Beigefügt war dem Antrag ein methodenkritisches Gutachten des von der Verteidigung gefundenen eigenen Sachverständigen, eines Neurologen und Professors an der Ruhr-Universität Bochum – das allerdings alles nicht besonders überzeugend daherkommt.

Die Ablehnung dieses Antrages noch am heutigen Nachmittag während der laufenden Hauptverhandlung erschien dem Vorsitzenden offensichtlich zu umständlich, so dass er um 15.26 Uhr die Hauptverhandlung unterbrach – morgen früh wird es weitergehen, es ist weiter davon auszugehen, dass dann das Gutachten des Prof. Saß erstattet werden wird.