19./.20.06.2013

Carsten Schultze – weitere Fragen, kaum Antworten und eine unzureichende Entschuldigung

Die Fortsetzung der Vernehmung des Angeklagten Carsten Schultze dauerte den gesamten Mittwoch an. Am Donnerstag, dem 20.6. werden die Verfahrensbeteiligten zu der gesamten Vernehmung Stellung nehmen. In der kommenden Woche soll die Beweisaufnahme zu den ersten Morden in Nürnberg beginnen. Die eigentlich für diese Woche geplante Vernehmung der Polizeibeamten, die die Angeklagten im Ermittlungsverfahren vernommen haben, wurde auf Grund der bisherigen Verzögerungen nach hinten geschoben.

Die weitere Vernehmung des Carsten Schultze war, wie bereits gestern, zäh und von vielen kaum nachvollziehbaren Erinnerungslücken geprägt. Immerhin beschrieb er auf Nachfragen, wie er illegal organisierte Konzerte von Nazibands besuchte, von denen eines von 1000 Personen besucht war. Auf Feten habe man entsprechende Songs mitgesungen. Nachdem Schultze bislang immer betont hatte, er sei kein Rassist gewesen, gab er nun an, Texte die beispielsweise die Ermordung von türkischen Menschen verherrlichten, mitgegrölt zu haben. Das habe in den Jahren 1997 bis 2001 „einfach dazugehört“.

Am Nachmittag versuchte sich Schultze bei den Opfern der NSU-Attentate und ihren Angehörigen zu entschuldigen. Diese Entschuldigung scheint ehrlich gemeint, beschränkt sich aber nach wie vor ausschließlich auf den Kauf und die Übergabe der Ceska-Pistole. Schultze scheint nach wie vor seine Verantwortung ausschließlich hierauf zu beschränken. Aus diesem Grunde hat er sich auch mit aller Kraft darauf konzentriert, die Vorgänge, die unmittelbar mit der Bestellung, Abholung und Übergabe der Waffe zusammenhängen, zu erinnern. Seine sonstige Unterstützung der Abgetauchten, die alltägliche Zusammenarbeit mit Wohlleben oder auch seine politische Tätigkeit – immerhin bildete er eine 20-30-köpfige Jugendgruppe der Jungen Nationaldemokraten aus –, verdrängt er weiterhin.

Schultze hat bis heute den tatsächlichen Umfang seiner Verantwortung, die Bedeutung seiner sonstigen Unterstützungsarbeit für die Existenz des NSU und die begangenen Verbrechen nicht erfasst. Dies entwertet seine Entschuldigung stark.

Stark belastet von der Aussage Schultzes wurde nicht nur Wohlleben, der nach den neuen Aussagen frühzeitig erfahren hat, dass die Gruppe einen Menschen „angeschossen“ hatte und trotzdem seine Unterstützungsarbeit weiterführte. Wenn selbst Carsten Schultze, der als reiner Helfer fungierte und von Alter und Geschichte eine große Distanz zu Zschäpe, Mundlos und Böhnhard aufwies, von der „Taschenlampenbombe“ erzählt wurde, ist mit größter Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass auch die Angeklagten Gerlach und Eminger hierüber Bescheid wussten.