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19.02.2014

Noch einmal zum Zeugen Liebau

Heute sagten zunächst die beiden Polizeibeamten aus, die den Zeugen Liebau vernommen hatten. Liebau war Betreiber des Szeneladens, in dem Ralf Wohlleben und Carsten Schultze laut Anklage die Mordwaffe für den NSU besorgten. Er hatte vor Gericht behauptet, er könne sich an keine Anfrage von Wohlleben oder Schultze nach Waffen erinnern. Gefragt nach seiner polizeilichen Aussage, in der mehrmals von Waffen die Rede war, hatte er behauptete, da seien Schreckschuss- oder Gaswaffen gemeint gewesen. Außerdem sei er von den Polizeibeamten unter Druck gesetzt worden (Wir berichteten am 7.11.13 und 29.1.14).

Die Vernehmung der Beamten zeigte, dass es sich hierbei um Ausflüchte handelte. Liebau hatte bei der Polizei erst behauptet, sich an gar nichts zu erinnern, später aber zumindest „nicht ausgeschlossen“, dass Wohlleben ihn auf eine Waffe angesprochen habe – überhaupt sei er öfter von Mitgliedern der Naziszene nach Waffen gefragt worden. U.a. sprach er auch von einem „Serben oder Kroaten“, der Waffen aus dem Kosovo-Krieg besorgen könne. Die Behauptung vor Gericht, es sei allenfalls um Schreckschusswaffen gegangen, war also offensichtlich gelogen – die Nebenklage hatte daher schon beantragt, diese Falschaussage zu protokollieren.

Liebau war der erste der hier vernommenen Zeugen, der das Spiel von Nichterinnern, Leugnen und Verharmlosen gespielt hat. Es ist daher begrüßenswert, dass das Gericht dem weiter nachgeht. Klar wurde heute jedoch auch, dass Liebau auch bei der Polizei schon mit „Gedächtnisproblemen“ spielte – insofern wäre ein weniger nachsichtiger Umgang mit ihm schon in seiner gerichtlichen Vernehmung angezeigt gewesen.

Ein weiterer Polizeibeamter berichtete von der Durchsuchung der Wohnung von Beate Zschäpe im Januar 1998. Dabei wurden neben diversen Waffen (Armbrust, Zwille, mehrere Messer etc.) auch eine Reichskriegsfahne und ein Exemplar des „Pogromly“-Spiels gefunden (dazu der Bericht von gestern). Diese Funde zeigen erneut, dass auch Zschäpe schon 1998 fest in nationalsozialistischer Ideologie verhaftet und äußerst gewaltbereit war.

Es folgten Erklärungen und Anträge. Rechtsanwalt Dr. Daimagüler gab für die Nebenklage eine Erklärung zur Vernehmung der Nachbarin aus der Polenzstraße und der dort aufgezeigten „deutschen Normalität“ ab (s. den Bericht vom 3.2.2014). Rechtsanwalt Stolle beantragte, Vorgesetzte der beiden Tatopfer aus Heilbronn zu vernehmen, um weiter aufzuklären, ob die beiden gezielt angegriffen wurden oder zufällige Opfer eines allgemein gegen die Polizei gerichteten Anschlags waren (s. den Bericht vom 21.1.2014). Schließlich beantragte Rechtsanwältin Basay die Vernehmung einer Beamtin aus der „Ermittlungsgruppe Umfeld“ des LKA Baden-Württemberg zu Verbindungen des NSU nach Baden-Württemberg – u.a. gibt es die Aussage einer Zeugin, während des Anschlags in Heilbronn habe sie Beate Zschäpe etwa 35 km entfernt gesehen.