05.02.2015

Weiter keine Entlastung für Wohlleben. Und: Versuch der Verteidigung Zschäpe, einen unbequemen Nebenklagevertreter loszuwerden

Der Verhandlungstag begann sehr ruhig mit dem Bericht eines Mitarbeiters der Jugendgerichtshilfe Düsseldorf, der von seinen Gesprächen mit dem Angeklagten Schultze berichtete. Viel Neues war von ihm nicht zu erfahren, nachdem Schultze selbst ja schon umfangreiche Angaben gemacht hat. In den nächsten Wochen wird das Gutachten erstattet werden, dass sich mit der Frage beschäftigt, ob Schultze zum Tatzeitpunkt noch wie ein Jugendlicher zu bewerten war.

Dann wurde Andreas Graupner, eine zentrale Gestalt von „Blood & Honour“ Sachsen, als Zeuge befragt. Auch er ist auf Antrag der Verteidigung Wohlleben geladen worden und sollte vor allem bezeugen, dass an einem „B&H“-Treffen am 8.10.1998 in Wilsdruff, bei dem die Unterstützung des NSU beschlossen worden sein soll, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt teilnahmen.

Graupner, der seit 2001 in Baden-Württemberg lebt, hat als Mitglied der „B&H“ nahestehenden Band Noie Werte bundesweit Bekanntheit erlangt. In zwei Versionen des NSU-Bekennervideos, die auf den Computern in der Frühlingsstraße gefundenen wurden, wird Musik von dieser Band eingespielt. Ein weiteres Mitglied der Band hat im Übrigen kurze Zeit als Rechtsanwalt in derselben Kanzlei gearbeitet wie Wohlleben-Verteidigerin Schneiders.

Aber Graupner versuchte gar nicht, Wohlleben irgendwie in Schutz zu nehmen, sondern verhielt sich wie so viele Nazizeugen vor ihm auch: frech, Erinnerungslücken vortäuschend, lügend. Zweimal klar der Falschaussage überführt, setzte er sein Verhalten unbeeindruckt fort. Der Vorsitzende Richter Götzl brach seine Versuche, aus diesem Zeugen etwas herauszubekommen, relativ schnell ab. Die Verteidigung Wohlleben scheiterte ebenfalls schnell. Allein Nebenklagevertreterin Rechtsanwältin Lunnebach konnte Graupner kurzfristig aus der Fassung bringen, als sie ihn der Lüge überführte und seine Nazigesinnung offen ansprach. Die Strategie der Verteidigung Wohlleben, den schwarzen Peter an der „Radikalisierung des Trios“ „B&H“ Sachsen zuzuschieben und damit Wohlleben zu entlasten, scheiterte damit erneut.

Im Anschluss stellte die Verteidigung Zschäpe ihren schon vor einer Woche angekündigten Antrag mit dem Ziel, Rechtsanwalt Alexander Hoffmann, einen der beiden Autoren dieses blogs, und seine Mandantin aus dem Prozess zu werfen. Dieser Antrag ist rechtlich völlig unfundiert.

Tatsächlich kann eine Zulassung der Nebenklage widerrufen werden, aber nur in Fällen, in denen die Nebenklage von Anfang an aus rechtlichen Gründen unzulässig war, etwa weil ein Strafantrag fehlte. Die Verteidigung Zschäpe allerdings behauptet, die Beweisaufnahme der vergangenen Wochen hätte ergeben, dass die Betroffene kein Opfer eines versuchten Mordes oder einer gefährlichen Körperverletzung durch die Nagelbombe sei, weil diese 22 Meter von ihrer Wohnung entfernt explodiert sei.

Dies kann aber schon deshalb nicht zu einem Widerruf der Zulassung der Nebenklage führen, weil das Gericht eine Antwort auf die Tatsachen-Frage nach der konkreten Gefährdung, dem Einflussbereich der Bombe und den Verletzungsfolgen erst mit dem Urteil gibt. Und die rechtliche Frage der Zulässigkeit der Nebenklage hat das Gericht bereits beantwortet mit dem Beschluss, mit dem es das Hauptverfahren eröffnet hat und dabei den Anschlag in der Keupstraße rechtlich auch als mehrfacher Mordversuch an mehreren Menschen gewürdigt hat, die nicht körperlich verletzt wurden, sich aber im Bereich Keupstraße aufhielten.

Nebenklagevertreterin Rechtsanwältin Lunnebach kritisierte in einer Stellungnahme, die Verteidigung Zschäpe würde gut daran tun, ihre Energie in Anträge zur Verteidigung ihrer Mandantin zu stecken und nicht in den Kampf gegen unbequeme Nebenklagevertreter.