17.06.2015

Zu den abgehörten Telefonaten des V-Mann-Führers Temme mit seinen Kollegen

Heute wurden drei ehemalige Kollegen des V-Mann-Führers Temme vom Verfassungsschutz Hessen vernommen, mit denen Temme im April/Mai 2006, als er Beschuldigter des Mordes an Halit Yozgat in Kassel war, telefoniert hatte.

Am 9. Mai 2006 hatte Temme mit seinem Vorgesetzten Muth telefoniert, u.a. ging es um eine dienstliche Stellungnahme Temmes. Muth empfahl ihm zunächst, das Geschehen so zu schildern, wie es war – nahm dies dann aber gleich wieder zurück und empfahl Temme stattdessen, zunächst mit dem Geheimschutzbeauftragten Hess Kontakt aufzunehmen.

Am 2. und 15. Mai 2006 telefonierte Temme mit seinem Kollegen Fehling. Im ersten Gespräch berichtete Fehling, welche Maßnahmen das Landesamt eingeleitet habe, um die polizeilichen Ermittlungen zu behindern und zu steuern: Man habe Sorge getragen, dass die Polizei keinen Zugriff auf seine Quellen erlangen würde und dass auch die mit der Sache in Zusammenhang stehenden Berichte Temmes der Polizei nicht bekannt würden. Weiter sagte Fehling zu einer von der Polizei zunächst geplanten Tatortbegehung mit Temme wörtlich: „Habe ich schon gedacht: Wenn sie ihn da mitnehmen, ist er tot. Aber sie haben dich – Gott sei Dank – da nicht mitgenommen, ne?” Im zweiten Gespräch konnte Fehling dann bereits berichten: , Und, äh, es ist alles ruhig, es ist alles, äh, es läuft alles nach Plan und wie es weitergeht, müssen wir mal sehen.“

Der Zeuge Hartmüller schließlich hatte bereits am 28.04.2006 mit Temme gesprochen, der hatte betont, „dass ja niemand außerhalb darüber auch nur irgendwas erfahren darf.“

Die Zeugen versuchten erwartungsgemäß, ihren Äußerungen einen möglichst belanglosen Inhalt zu geben. Dies gelang allerdings nur schlecht. Die in der Hauptverhandlung vorgespielten Gespräche ließen sich nicht wirklich mit den heute angebotenen Erklärungen verharmlosen.

Bemerkenswert war insbesondere, dass die Zeugen zum Teil angaben, sie hätten es für möglich gehalten, dass die Telefonate von der Polizei mitgehört werden. Dies würde die unklaren Formulierungen in den Gesprächen erklären.

Der Zeuge Fehling gab auch an, dass Temme neben dem schon bekannten Neonazi Benjamin Gärtner einen zweiten V-Mann aus der „rechten Szene“ führte. Dies würde erneut die Frage aufwerfen, ob Temme wirklich zufällig vor Ort war oder ob er vielleicht doch einen Tipp erhalten hatte.

Letztlich wurde jedenfalls deutlich, dass nur eine vollständige Offenlegung aller Unterlagen und der gesamten Akte des gegen Temme geführten Ermittlungsverfahrens mehr Klarheit über das Geschehen in Kassel bringen kann. Die Verweigerung der Akteneinsicht verhindert die weitere Aufklärung und muss zu weiteren Verzögerungen und einer schleppenden Beweisaufnahme führen – ein Problem, das ganz einfach behoben werden könnte.

Die Entscheidung über den Entpflichtungsantrag von Beate Zschäpe gegen Anja Sturm verzögert sich weiter, weil Zschäpe um eine weitere Fristverlängerung gebeten hat. Offensichtlich war sie bislang nicht in der Lage, ihr weiteres Vorgehen, ggf. mit Hilfe eines Rechtsanwalts, zu bestimmen. Gegenüber ihrem Verteidigertrio verhielt sie sich auch heute den gesamten Verhandlungstag über sehr zurückweisend.