Ende der Beweisaufnahme, Plädoyers beginnen morgen
Nachdem das Gericht sich in den letzten Wochen nur sehr langsam Richtung Ende der Beweisaufnahme bewegt hatte, ging es heute umso schneller: gleich zu Beginn fragte der Vorsitzende Bundesanwalt Dr. Diemer, ob die Bundesanwaltschaft bereit sei, das Plädoyer zu halten. Dessen Antwort: man könne morgen anfangen.
Und das wird die Bundesanwaltschaft dann auch: das Gericht lehnte noch die letzten beiden Beweisanträge der Verteidigung ab, verlas die Bundeszentralregisterauskünfte zu den Angeklagten und beendete dann die Beweisaufnahme.
Hinweise, dass es für diejenigen Nebenkläger_innen, die das Plädoyer der Bundesanwaltschaft verfolgen wollen, schwer sein dürfte, von einem Tag auf den anderen nach München anzureisen, sich dafür ggf. Urlaub zu organisieren, nahm das Gericht sichtlich widerwillig entgegen, entschied letztlich, morgen erst um 11 Uhr anzufangen, um ihnen etwas mehr Zeit zur Anreise zu geben.
Die Bundesanwaltschaft kündigte an, dass Ihr Plädoyer etwa 22 Stunden dauern wird. Es spricht vieles dafür, dass es die verbleibenden Verhandlungstage bis zur Sommerpause am 1.8. ausfüllen wird. Nach der Sommerpause wird dann ab dem 31.8. die Nebenklage plädieren, gefolgt von der Verteidigung. Mit einem Urteil ist dann im September oder Oktober zu rechnen.
Die Erwartungen der Nebenklage an das Plädoyer der Bundesanwaltschaft sind gering: zu deutlich hat die Behörde gerade in den letzten Monaten noch einmal gezeigt, dass sie trotz 373 Verhandlungstagen, trotz zahlreicher Beweisanträge der Nebenklage, festhält an der Erzählung aus der Anklageschrift, die bereits wenige Monate nach dem 4. November 2011 feststand: an dem Mythos nämlich, dass es sich bei dem NSU um ein isoliertes, abgeschottetes Trios handelte und dass die Sicherheitsbehörden keinerlei Mitverschulden an der Tatserie trifft. Alle Hinweise auf das weitere Netzwerk von Neonazis um den NSU, aber auch alle Hinweise auf staatliches Mitverschulden insbesondere anhand unzähliger V-Leute in deren Umfeld, hat die Bundesanwaltschaft stets beiseite gewischt. Dieser Linie wird sie, so steht zu befürchten, auch in ihrem Plädoyer treu bleiben.
Auch die rassistischen Ermittlungsbehörden der Polizei, die die Opfer der Straftaten zu Verdächtigen erklärten, werden wohl in ihrem Plädoyer keine Rolle spielen.