29.11.2017

Staatliches Mitverschulden bis hin zur Kollusion

Am heutigen Verhandlungstag erfolgte das Plädoyer von Rechtsanwältin Antonia von der Behrens, die den jüngsten Sohn von Mehmet Kubaşık vertritt. Die Nebenklägerinnen Elif und Gamze Kubaşık waren erneut angereist, um auch dieses Plädoyer zu hören.

Rechtsanwältin von der Behrens beschäftigte sich zunächst mit der Frage, was die Inlandsgeheimdienste in den verschiedenen Phasen des hier zu Grunde zu legenden Geschehens, zwischen den frühen 1990er-Jahren und November 2011, über Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe und den NSU wussten und wie groß das Netz von Mitwissern um den NSU war, aus dem Wissen nach außen dringen konnte.

Obwohl das Plädoyer am heutigen Tage kein einziges Mal durch eine Beanstandung unterbrochen wurde, kann es erst am nächsten Dienstag beendet werden. Das liegt daran, dass die Nebenklagevertreterin tatsächlich einen fast vollständigen Überblick über die Entstehung des NSU aus der Sektion Jena des Thüringer Heimatschutzes, den Weg hin zur systematischen Verwendung falscher Identitäten, die verschiedenen Phasen der Aktivitäten des NSU und seines Auftretens nach außen bis hin zur Selbstaufdeckung zeichnete. Sie stellte auch dar, dass vor allem durch die eingesetzten V-Leute, die teilweise ja als Führungsfiguren die militanten Strukturen, in denen sich der NSU bewegte, gegründet und geführt hatten, zumindest Kenntnis über die Entstehung des NSU vorlag und bewusst nicht eingeschritten wurde. Von der Behrens schilderte auch all die Gelegenheiten, bei denen staatliche Stellen beispielsweise Informationen über den Aufenthalt von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe hatten, aber bewusst auf Festnahmemaßnahmen verzichteten.

Eine zusammenhängende Darstellung des Plädoyers sowie eine ausführliche Zusammenfassung werden wir nach seinem Abschluss in unserem Bericht zum kommenden Dienstag vornehmen.