Schlagwort-Archive: Nebenklageplädoyers

08.02.2018

Berührende Nebenklageplädoyers und etwas zähe Planung der Verteidigungsplädoyers

Es wäre schön gewesen, wenn die Plädoyers von Rechtsanwalt Serkan Alkan, Yvonne Boulgarides und Rechtsanwalt Yavuz Narin den letzten Verhandlungstag vor der Verhandlungspause gebildet hätten, denn diese Plädoyers waren ein sehr beeindruckender und an vielen Stellen berührender Abschluss dieses Abschnitts des Verfahrens, in dem die Opfer des NSU selbst und über ihre Anwält_innen die Stimme erheben konnten.

Der Tag endete allerdings mit der Planung der Verteidigungsplädoyers, die sich etwas zäh gestaltete. Deren Ergebnis kurz vorab: das Gericht wird am 20.2. noch kurz über formale Fragen zur Einziehung von Tatbeute der Überfälle entscheiden, danach folgt eine längere Pause. Weiterlesen

07.02.2018

Abschluss der Nebenklageplädoyers voraussichtlich morgen.

Das Befangenheitsgesuch der Verteidigung Wohlleben von letzter Woche wurde erwartungsgemäß als unbegründet zurückgewiesen, so dass heute weiterverhandelt werden konnte. Das Gericht wies zunächst die Beanstandungen der Verteidigung vom 20.12.2017 zurück, mit denen diese erreichen wollte, dass der Vorsitzende den Nebenklägervertreter_innen Vorgaben für den Inhalt der Plädoyers macht. Die Verteidigung beantragte und bekam eine längere Pause zur Beratung, nahm den Beschluss aber hin. So konnten endlich die Nebenklageplädoyers weitergeführt werden.

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21.12.2017

Berührende Plädoyers der Nebenklage, und ein Fragezeichen

Das heutige Plädoyer von Rechtsanwalt Prof. Behnke, der einen Bruder des in Rostock ermordeten Mehmet Turgut vertritt, lässt uns als über den Prozess Berichtende etwas ratlos zurück: was soll man zu einem Plädoyer schreiben, das eine Rückbesinnung auf die Strafprozessordnung fordert – aber praktisch kein strafprozessuales Argument bringt? Was soll man auf einen Anwalt antworten, der sagt, institutionellen Rassismus gebe es nicht in deutschen Behörden, diese Behauptung sei das eigentliche Problem – dabei erkennbar nicht verstanden hat, worum es eigentlich geht, und so etwa beständig vom „strukturellen Rassismus“ spricht und meint, der Begriff sei im Prozess ausgedacht worden (hierzu s. wikipedia)?

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20.12.2017

Plädoyers zu den Morden in Rostock und Nürnberg

Das erste Plädoyer des Tages konnte leider erst mit einer Stunde Verspätung beginnen. Vorher beanstandete zunächst die Verteidigung Wohlleben das Verhalten des Vorsitzenden Richters bei den vorhergehenden Plädoyers: Rechtsanwälte Schön und Reinecke hätten in ihrem Plädoyer auch Ausführungen zur Strafzumessung bei den Angeklagten gemacht und Anträge zur Strafhöhe gestellt, das sei unzulässig und der Vorsitzende habe einschreiten müssen. Die Bundesanwaltschaft bat um eine Unterbrechung von etwa 4 Stunden, um ausführlich Stellung nehmen zu können. Das führte bei Rechtsanwalt Heer zu einem peinlichen Gefühlsausbruch: das sei eine eklatante Parteinahme für die Bundesanwaltschaft, so viel Zeit würde die Verteidigung nie bekommen, normalerweise würde er dafür das Gericht ablehnen usw.– wohlgemerkt alles, bevor das Gericht über den Unterbrechungsantrag überhaupt entschieden hatten. Weiterlesen

19.12.2017

Plädoyer von Rechtsanwalt Reinecke: u.a. zur Kommunikationsstrategie des NSU

Rechtsanwalt Eberhard Reinecke setzte heute sein Plädoyer fort. Zunächst erwiderte er kurz auf die Ausführungen des Rechtsanwalts Kaplan von letzter Woche und stellte noch einmal ausführlich dar, warum die Fragen von institutionellem Rassismus usw. sehr wohl in das Münchener Verfahren gehörten und warum diejenigen, die gegenüber den Wünschen ihrer Mandant_innen immer wieder ihre Stellung als „unabhängiges Organ der Rechtspflege“ betonen, schnell zu „untätigen Organen der Rechtspflege“ werden.

In einem Halbsatz erwähnte er auch ein Schreiben der Schwester von Süleyman Taşköprü ans Gericht, dass sie nach dem bizarren und reaktionären Plädoyer von letzter Woche nicht mehr von Rechtsanwältin Wierig vertreten werden möchte, da dieses nicht in ihrem Interesse war und sie sich von Wierig getäuscht fühlt. Weiterlesen

14.12.2017

Plädoyers der Nebenklage, v.a. zur Einlassung Zschäpes und zu André und Susan Eminger.

Heute setzte Rechtsanwalt Eberhard Reinecke das gestern von seinem Kollegen Schön begonnene Plädoyer zum Nagelbombenanschlag in der Keupstraße fort. Leider konnte sein Plädoyer heute nicht beendet werden, da der Angeklagte Wohlleben angab, an Kopfschmerzen zu leiden.

Reinecke wandte sich zunächst den Verfahren gegen die Unterstützer des NSU zu und äußerte die Befürchtung, dass aus diesen nichts folgen wird. Insbesondere wandte er sich den zahlreichen lügenden Szene-Zeugen zu und zeigte an mehreren Beispielen, warum es leicht wäre, diesen konkrete Falschaussagen nachzuweisen. Mit Blick auf die zahlreichen offenen Fragen appellierte Eberhard Reinecke, wie zuvor Edith Lunnebach, an den Senat, „unbequem“ zu sein und insbesondere im Urteil auch auszusprechen, was alles nicht aufgeklärt wurde.  Weiterlesen

13.12.2017

Weitere Plädoyers der Nebenklage zur Keupstraße und zum Mord in Heilbronn

Heute folgten weitere Plädoyers zur Keupstraße sowie zum Mord an Michèle Kiesewetter und dem Mordversuch an ihrem Kollegen Martin A. in Heilbronn.

Zunächst setzte Alexander Hoffmann sein letzte Woche begonnenes Plädoyer zur Ideologie des NSU und seiner Unterstützernetzwerke fort.

Hoffmann erläuterte, dass die nach außen hin unterschiedlich wirkenden politischen Organisationen, von der Sektion Jena des Thüringer Heimatschutzes, der Kameradschaft Jena, deren Mitglieder im SA-Look auftraten, über die spießig wirkende NPD, deren Anhänger lange als „Scheitel“ in Anspielung auf „Seitenscheitel“ bezeichnet wurden, bis zu Blood and Honour, deren Anhänger subkulturell geprägt und tätowiert sind, im Kern die gleiche Ideologie verbindet: Weiterlesen

12.12.2017

Nebenklage Taşköprü: zwei starke Plädoyers und eine aberwitzige Verteidigungsrede

Heute Vormittag plädierten für die Familie des 2001 in Hamburg vom NSU ermordeten Süleyman Taşköprü zunächst Rechtsanwalt Andreas Thiel und Rechtsanwältin Gül Pinar.

Andreas Thiel zeigte in seinem bewegenden Plädoyer noch einmal das unermessliche Leid auf, das der Tod des Bruders, Sohnes und Vaters – die Tochter Süleyman Taşköprüs war zum Tatzeitpunkt 2 Jahre alt – für die Familie bedeutet. Er zitierte die Worte des Vaters, der den sterbenden Sohn im Laden gefunden hatte und sich Vorwürfe machte, weil er selbst kurz zuvor den Laden verlassen hatte, um Oliven zu kaufen: „Ich habe ihn auf meinen Schoß genommen, am Gesicht berührt, er wollte etwas sagen, aber er konnte es nicht. Ich wollte erste Hilfe leisten, aber ich konnte es nicht“ Und weiter: „Wenn ich gewusst hätte, dass das die Mörder waren, wäre ich hingegangen, egal was mir passiert wäre.“ Weiterlesen

29.11.2017

Staatliches Mitverschulden bis hin zur Kollusion

Am heutigen Verhandlungstag erfolgte das Plädoyer von Rechtsanwältin Antonia von der Behrens, die den jüngsten Sohn von Mehmet Kubaşık vertritt. Die Nebenklägerinnen Elif und Gamze Kubaşık waren erneut angereist, um auch dieses Plädoyer zu hören.

Rechtsanwältin von der Behrens beschäftigte sich zunächst mit der Frage, was die Inlandsgeheimdienste in den verschiedenen Phasen des hier zu Grunde zu legenden Geschehens, zwischen den frühen 1990er-Jahren und November 2011, über Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe und den NSU wussten und wie groß das Netz von Mitwissern um den NSU war, aus dem Wissen nach außen dringen konnte.

Obwohl das Plädoyer am heutigen Tage kein einziges Mal durch eine Beanstandung unterbrochen wurde, kann es erst am nächsten Dienstag beendet werden. Weiterlesen

28.11.2017

Beginn der Plädoyers zur Keupstraße: „‘Aktion Dönerspieß‘ und ‚Dönermorde‘ gehen nicht nur sprachlich Hand in Hand!“

Heute waren der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße und die nachfolgenden, von Betroffenen als „Bombe nach der Bombe“ bezeichneten polizeilichen Ermittlungen Thema der Plädoyers und Erklärungen der Nebenklage.

Rechtsanwalt Stephan Kuhn begann mit einer umfangreichen Darstellung sowohl der mörderischen Wirkung der Bombe als auch der von Anfang an gegen die Geschädigten in der Keupstraße gerichteten Ermittlungen. Er stellte vor allem auch dar, dass diese Ausrichtung der Ermittlungen nicht nur gegen die ausdrücklichen Hinweise der Geschädigten, es müsse sich um Nazis oder Ausländerhasser handeln, sondern auch gegen alle bekannten Beweismittel und sogar die Erkenntnisse aus einer operativen Fallanalyse verstießen.  Weiterlesen