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26.02.2014

Lügen und Verharmlosen IV – Mandy Struck

Heute wurde zunächst der Waffensachverständige Nennstiel vom Bundeskriminalamt erneut gehört. Nennstiel hatte schon die in der Frühlingsstraße gefundenen Pistolen Ceska und Bruni als die Mordwaffen der NSU-Mordserie identifiziert. Heute berichtete er von seiner Arbeit zu den beiden Waffen, die für den Mord an Michèle Kiesewetter und den Mordversuch an Michael Arnold in Heilbronn verwendet wurden. Auch hier identifizierte der Sachverständige zwei Waffen, die in der Frühlingsstraße gefunden wurden, als die Tatwaffen.

Nennstiel wurde auch gebeten, noch einmal zur Identifikation der in der Frühlingsstraße gefundenen Pistolen Ceska und Bruni als die Tatwaffen der NSU-Mordserie zu berichten – vor einigen Wochen hatte ja der Sachverständige Pfoser in seinem mündlichen Vortrag für einige Verwirrung gesorgt, der angesichts des klaren schriftlichen Gutachtens vermeidbar erschien (s. den Bericht vom 04.02.2014). Nennstiel stellte noch einmal sehr anschaulich die Übereinstimmung in den Schussspuren dar, anhand derer er die beiden Waffen eindeutig als Tatwaffen identifizierte, und sorgte so für Klarheit in dieser Frage.

Mehrere NebenklägervertreterInnen stellten den Antrag, diverse Unterlagen zum Zeugen Tino Brandt, die dem NSU-Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags vorliegen, beizuziehen. Brandt war Führer des „Thüringer Heimatschutzes“ und V-Mann des Verfassungsschutzes, er wird in den nächsten Wochen als Zeuge in München aussagen. Weitere Beweisanträge bezogen sich auf Beweismittel, die die Einbeziehung Zschäpes in die Ausspähung möglicher Anschlagsziele und in die Erstellung des „Paulchen Panther“-Bekennervideos belegen.

Nachmittags begann die Zeugin Mandy Struck ihre Aussage. Gegen sie wird immer noch wegen Unterstützung der terroristischen Vereinigung NSU ermittelt, sie könnte also schweigen. Dennoch sagte Struck aus, sie will offensichtlich ihre Geschichte erzählen. Die Vernehmung erfolgte über drei Stunden und wird morgen fortgeführt. Bereits heute wurde deutlich, dass auch Mandy Struck ihre eigene Rolle systematisch herunterspielt, allenthalben Gedächtnislücken vorschiebt und dabei offensichtlich unglaubwürdige Geschichten erzählt.

Sie sei vor allem über ihren damaligen Freund ab 1994 in die nicht sehr politische Naziskinheadszene gekommen, habe sich vollständig angepasst. Später sei dann die gesamte Szene politisiert worden, auch weil beispielsweise nur die den Veranstaltungsort von Konzerten mitgeteilt bekommen hätten, die auch auf Demonstrationen gegangen seien. Auf rechte Demonstrationen sei sie allerdings erst seit 1999/2000 gegangen.

Eines Abends habe dann ein „Kamerad“ vor ihrer Tür gestanden und gefragt, ob drei „Kameraden“ bei ihr schlafen könnten, die „Scheiße gebaut“ hätten. Mehr müsse sie nicht wissen. Sie habe sie bei Max Florian B. untergebracht, habe das als „Kameradschaftshilfe“ begriffen. Allerdings gibt Struck an, sie habe nur einen der drei vom sehen her gekannt, die Namen habe sie nie genannt bekommen und sie habe auch nicht Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos als die drei wiedererkannt.

Aus „Kameradschaftshilfe“ beteiligte sie sich allerdings ohne Zögern an der Unterbringung, half mit, einen neuen Personalausweis mit falschem Bild zu beantragen und holte diesen beim Einwohnermeldeamt ab, und lieh Zschäpe ihre Krankenkassenkarte.

Obwohl nach ein paar Wochen zahlreiche Gerüchte durch die Chemnitzer Szene gegangen seien, dass Jenaer Nazis sich in Chemnitz verstecken, und obwohl sie die Frau sogar gebeten hätte, in ihrem Beziehungsstreit mit Burkhardt zu intervenieren, habe sie nie die Namen der drei „Gäste“ erfahren. Nach ein paar Wochen habe sie sich von B. getrennt und danach nie wieder von ihren drei Gästen gehört, bis die Polizei sie vernommen habe.

Struck bemüht sich offensichtlich, ihre eigene Rolle so unbedeutend wie möglich darzustellen. Dabei ist aus den Akten ersichtlich, dass sie eine durchaus wichtige Rolle in der Chemnitzer Szene spielte. Auch der Vorsitzende Richter Götzl machte deutlich, dass er ihr nicht alles glaubte. Man darf gespannt sein, wie die Zeugenvernehmung morgen weitergeht.

04.02.2014

Identifizierung der Ceska als Tatwaffe

Verwirrung stiftete ein Waffensachverständiger des BKA bei dem missglückten Versuch, seine Gutachten zur Identifizierung der in der Frühlingsstraße gefundenen Ceska 83 mit Schalldämpfer als Tatwaffe darzustellen. Die Verteidigung Wohlleben schnupperte kurz Morgenluft, aber ein genauer Blick auf die Beweisaufnahme macht deutlich, dass an der Identifikation kein Zweifel besteht.

Der Fachbereichsleiter des Kriminaltechnischen Instituts Wiesbaden, Nennstiel, erläuterte sehr anschaulich seine Untersuchungen der Ceska und der Pistole Bruni, die bei zahlreichen der Morde des NSU eingesetzt wurden. Er hatte mit den Waffen Schüsse abgegeben und die Munition dann mit den an den Tatorten gefundenen Munitionsteilen verglichen. Die Ceska 83 war eindeutig als Tatwaffe festgestellt worden, bei der Bruni, einer umgebauten Gaspistole, gab es keinen eindeutigen Nachweis, eine Identität ist aber auch nicht ausgeschlossen. Die Waffennummer der Ceska konnte sichtbar gemacht werden.

Danach erfolgte die Vernehmung des Waffensachverständigen Pfoser vom BKA. Dieser hatte ebenfalls zahlreiche Gutachten angefertigt. Insbesondere hatte er nicht nur frühzeitig festgestellt, dass die Tatwaffe eine Ceska 83 war, sondern auch Aluminiumanhaftungen an den verschossenen Geschossen festgestellt, die nur von einem Schalldämpfer stammen konnten.

Leider war er im Gericht nicht in der Lage, seine Untersuchungen und die Ergebnisse nachvollziehbar darzustellen, und schuf dadurch selbst Zweifel an seinem Ergebnis. Dabei ging es bei seinem Bericht – nach dem eindeutigen Gutachtens des ersten Sachverständigen Nennstiel – eigentlich nur noch darum, welche der von ihm untersuchten Geschosse – die ja für die später durchgeführten Untersuchungen als Vergleichsstücke verwandt wurden – von welchem Tatort stammten.

Unter Umständen wird man sich die Gutachten also nochmals von einem Gutachter erklären lassen müssen, der auch eine gewisse Performance hat. Sollte die Verteidigung Wohlleben den verunglückten Bericht nutzen wollen, um Zweifel an Wohlleben’s Schuld zu behaupten, wird sie damit aber nicht durchdringen – das eindeutige Gutachten Nennstiels und die ebenso überzeugenden schriftliche Gutachten Pfosers zeigen, dass die von Wohlleben und Schultze beschaffte Ceska 83 die Waffe war, die für neun Morde des NSU verwendet wurde.