Zu den Raubtaten des NSU
Diese Woche befasst sich das Gericht vor allem mit einigen der insgesamt 15 Raubüberfälle des NSU. Heute wurden zunächst ZeugInnen zur ersten dieser Taten, einem Raub am 18.12.1998 in einem Edeka-Markt in Chemnitz, vernommen. Demnach entrissen die Täter der Hauptkassiererin die Tageseinnahmen und flüchteten zu Fuß. Sie wurden von einem Jugendlichen verfolgt, schossen dreimal auf ihn. Die verwendete Munition entspricht Munition, die 2011 in der NSU-Wohnung in der Frühlingsstraße in Zwickau gefunden wurde – die Waffe, mit der diese Munition verschossen wurde, wurde allerdings bislang nicht gefunden. Der Jugendliche, der die Täter verfolgte, wurde erst vor kurzem wieder ausfindig gemacht und wird sicher in einer der kommenden Wochen geladen werden.
Eine Zeugin beschrieb die Einschusslöcher in der Außenwand des Ladens, mindestens eines davon in etwa 1,60 Meter Höhe, also in etwa auf Kopfhöhe des Verfolgers. Der hemmungslose Schusswaffeneinsatz von Böhnhardt und Mundlos noch im ersten Jahr ihres Untertauchens und im Rahmen eines „nur“ der Geldbeschaffung dienenden Überfalles zeigt, dass die Untergetauchten von Anfang an die Tötung von Menschen in Kauf nahmen.
Der Vorfall zeigt auch, dass dies allen UnterstützerInnen des Trios klar gewesen sein muss: Die drei lebten in Chemnitz, der brutale Überfall war Gesprächsthema in der Stadt, die lebensgefährlichen Schüsse überall bekannt. Böhnhardt und Mundlos machten kein Geheimnis aus dem Überfall, in der Szene wurde herumerzählt, sie bräuchten keine Spenden mehr, würden nun „jobben“, mehrere V-Männer berichteten über den Überfall. Ab diesem Überfall wussten also alle in Chemnitz, dass Böhnhardt und Mundlos zur Durchsetzung ihrer Ziele bereit waren zu töten.
Zu einer späteren Tat, einem Überfall auf eine Postfiliale in Chemnitz am 30.11.2000, sagte zunächst eine Polizeibeamtin aus, die die Asservate aus der Zwickauer NSU-Wohnung untersucht hatte. Auch hier ergaben sich zahlreiche Übereinstimmungen von Kleidungsstücken und einer Waffe mit den bei dem Überfall verwendeten. U.a. wurde für den Tatzeitraum ein Wohnmobil auf den Namen André Eminger angemietet – laut Anklage durch Eminger selbst.
Von der Nebenklage wurde ein Beweisantrag zu den theoretisch-ideologischen Grundlagen des „führerlosen Widerstands“ gestellt, wie sie etwa im „Blood & Honour“-Magazin dargestellt werden. In der von der Kameradschaft gemieteten Garage in Jena, in der 1998 auch die Rohrbomben gefunden wurden, befand sich eine Art Zeitungsarchiv, u.a. mit einer Ausgabe des „Blood & Honour“-Magazins von 1996, in dem solche Diskussionen geführt wurden.