29.07.2015

V-Mannführer aus Brandenburg: Maskerade statt Aufklärung

Die Fortsetzung der Vernehmung Brandenburg „Verfassungsschützers“ Reiner Görlitz, der jahrelang als V-Mann-Führer des Brandenburger Nazikaders und Informanten Carsten Szczepanski arbeitete, geriet zum Eklat (zur letzten Vernehmung des Zeugen am 01.07.2015). Erneut erschien Görlitz im Gericht im Kapuzenpullover mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze und Perücke und versuchte, sein Gesicht von den Prozessbeteiligten wegzudrehen.

Bereits eine der ersten Fragen nach dem V-Mann Toni Stadler beantwortete er nicht und verwies auf seine beschränkte Aussagegenehmigung. Stattdessen gab er an, er habe zur Vorbereitung auf seine Aussage erneute mehrere Ordner Akten studiert. Schon dies führte zu Verwunderung, denn seine am 01.07.2015 geschilderten Erinnerungen an seine Zusammenarbeit mit Szczepanski hätten sicher auf einem DinA4-Blatt Platz gehabt.

Während einzelner Fragen blätterte er nun in einem Stapel Blätter, gab auf Frage an, es handle sich um Unterlagen und Kopien, die er sich zur Vorbereitung seiner Aussage gefertigt habe. Die schließlich von der Nebenklage vorgetragene Aufforderung, diese Unterlagen dem Gericht zu überreichen, verweigerte er. Es folgte eine eigentümliche Auseinandersetzung mit seinem Zeugenbeistand. Der trug verschiedene, sich zum Teil widersprechende Erklärungen zum Inhalt des Ordners vor. Schließlich erklärte der Vorsitzende Richter ziemlich souverän, die Unterlagen sollten dem Gericht übergeben werden, sie würden dort verschlossen verwahrt, bis das Innenministerium Brandenburg mitteilt, ob eine Sperrerklärung für die Unterlagen erfolgt oder ob sie vom Gericht verwertet werden können. Nach einer längeren Vernehmungspause, in der eine Polizeibeamtin weiter von ihren Auswertungen zu den Aliaspersonalien berichtete (vgl. zum Beginn ihrer Vernehmung den Beitrag vom 15.07.2015), teilte dann der Vorsitzende mit, das Innenministerium Brandenburg habe seinem Vorschlag zugestimmt, die Akten blieben im Gericht und das Ministerium prüfe, ob es eine Sperrerklärung abgebe. Görlitz wird also noch mindestens einmal nach München anreisen müssen.

Eine Sperrerklärung für die Unterlagen kann erfolgen, wenn das Ministerium als oberste Dienstbehörde erklärt, das Bekanntwerden des Inhalts der Dokumente würde dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten. Angesichts der Tatsache, dass die Deckblattmeldungen des V-Mannes Szczepanski zu möglichen Waffenkäufen für den NSU durch ein „Blood & Honour“-Mitglied, zum Aufenthalt von Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos in Chemnitz und zu deren Begehung von Banküberfällen für den Prozess von einiger Bedeutung sind und dass Szczepanski und seine V-Mannführer bisher durch Gedächtnisausfälle glänzten, wäre es eine klare Verweigerung der Aufklärung, diese Unterlagen zu sperren. Dem Staat würde allenfalls durch eine solche Sperrung Schaden zugefügt werden. Viel wichtiger wäre es aber eigentlich, die Aktenordner, mit denen sich der Zeuge auf seine Aussage vorbereitet haben will, beizuziehen: diese liegen dem Gericht bislang nicht vor.